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Die gefährliche Masche hinter Network Marketing | doku | defacto

Die gefährliche Masche hinter Network Marketing | doku | defacto

UNTERTITEL: Hessischer Rundfunk UNTERTITEL: Hessischer Rundfunk Es ist ein Geschäft, das jedes
Jahr Milliarden einbringt. Und jeder soll damit einsteigen
und kräftig mitverdienen können. Ich bin heute mit dir besprechen,
wie wirklich großes Einkommen im Network-Marketing
für dich möglich wird. Da meine ich wirklich großes
Einkommen. 3,8 Millionen Euro nach
nur acht Jahren. Das Geheimnis: Network-Marketing. Ein Geschäftsmodell,
in dem Kunden zu Verkäufern werden und selbst neue Verkäufer anwerben. Die sozialen Medien sind voll davon. Network-Marketing ist mega geil,
wenn du ganz viele Leute hast.

Dann verdienst du überall mit. Das
kumuliert sich weiter nach oben. Die Produkte:
angepriesen als wahre Alleskönner. Das ist ein Zuckerzerstörer. Reich, schön und gesund. Wer steckt dahinter? Was verbirgt sich
hinter den Versprechen? Und wie viel davon ist wahr? Ich hab nichts verkauft.
Nichts verkauft. Ich recherchiere undercover
und entdecke eine unglaubliche Vertriebsmasche
mit fragwürdigen Wundermitteln. Mir hat neulich im Wartezimmer
einer Arztpraxis eine Frau von ihrem Job erzählt, in dem sie 20.000 Euro
im Monat verdient nur durch das Empfehlen
von Produkten. Ich könnte das auch schaffen, und
zwar ohne irgendwelche Vorkenntnisse und ohne irgendein Risiko. Ich müsse nur mit einsteigen,
und zwar bei diesem Unternehmen. Ich frage mich:
Kann das wirklich funktionieren? Die Firma, für die sie arbeitet,
heißt "Forever Living Products". Ein Unternehmen aus den USA, dass sich auf Produkte auf Aloe-
vera-Basis spezialisiert hat. Kosmetikartikel, Getränke,
Nahrungsergänzungsmittel, eine breite Palette. Doch kann man wirklich damit
so viel Geld verdienen? Während meiner
mehrwöchigen Recherche stoße ich auf dubiose Versprechen.

Das haut die Bakterien weg.
Ich schwöre es euch. Das ist irre. Und auf geprellte Vertriebspartner, die auf Schulden und Produkten
sitzen geblieben sind. Ich fühle mich wirklich abgezockt. Was ist das für ein Geschäft,
wo Fremden einfach so 20.000 Euro Einkommen pro Monat
versprochen wird? Ich werde neugierig. Um in diese Welt einzutauchen,
melde ich mich in verschiedenen Facebook-Gruppen an
unter falscher Identität. Prompt werde ich von Leuten
angeschrieben. Kurz darauf bekomme ich
die erste Einladung zu einer Online-Präsentation. Geführt von einer
der bekanntesten Größen aus dem "Forever Living"-Universum. In diesem webinar soll ich mehr
über das Geschäftsmodell erfahren. Vieles scheint lange unerreichbar,
bis jemand das Gegenteil beweist. Mit Mut, Kreativität und Intuition. Starke Bilder, starke Worte,
starke Emotionen, so beginnt die Präsentation.

Es soll wohl klar werden:
Hier gehts um was ganz Großes. Dann meldet sich Rolf Kipp zu Wort. Hallo und herzlich willkommen zu 40
Minuten wertvollsten Informationen, die Ihr Leben ganz sicher bereichern
und positiv beeinflussen werden. Mein Name ist Rolf Kipp. Diese wertvollsten Informationen
handeln von mehr Freizeit, Zeit für die Familie, Gesundheit und vor allem
finanzieller Unabhängigkeit. All das könnte erreicht werden, wenn
man in das Geschäft mit einsteigt.

Und es kommt noch mehr. Das, was ich dir
jetzt vorstellen werde, wirst du möglicherweise erst mal
gar nicht glauben können. Viele sagen: "Das hört sich
fast an wie im Paradies." Dann zeigt er eine Tabelle,
die beweisen soll, welch übermäßiges Einkommen
hier möglich sein soll: von 36.000 Euro nach dem ersten Jahr bis hin zu 3,8 Millionen Euro
nach nur acht Jahren. Das soll man hier verdienen können,
und zwar mit wenig Arbeit. Ob du das glaubst oder nicht,
aber das gibt es wirklich: mit nur fünf Arbeitsstunden
pro Woche mehr verdienen als die meisten
Menschen in ihrem Fulltimejob. Das Geheimnis für den enormen Erfolg
liege im Multi-Level-Marketing.

Eine provisionsbasierte
Vertriebsstrategie, in der man nicht Produkte empfiehlt,
sondern neue Verkäufer anwirbt, die ihrerseits auch
neue Verkäufer anwerben. So soll man für eine Arbeitszeit
von 500 Stunden vergütet werden, obwohl man selbst
nur fünf Stunden arbeitet. Arbeitszeit multiplizieren nennt er
das. Klingt doch super, oder? Der Einstieg kostet 360 Euro
für das Starterpaket. Mit dem bekomme man die Produkte
auch bereits 30 Prozent günstiger.

Und diesen schreibt
er tolle Fähigkeiten zu: verjüngend, antiviral,
schmerzlindernd. Ob das alles auch so stimmt?
Dieser Frage werde ich nachgehen. Laut Eigenwerbung ist
"Forever Living" Weltmarktführer in exklusiven
Aloe-vera-Produkten und schon ziemlich lange
im Geschäft. Das Unternehmen aus Arizona
besteht seit 40 Jahren. Im Laden gibt es die Sachen nicht. Der Vertrieb läuft ausschließlich
über Empfehlungen. Und das ist, wenn man
den Vertriebspartnern glaubt, ein hochprofitables Geschäft. Rolf Kipp soll in seinem Netzwerk
zum Beispiel 40 Millionäre hervorgebracht haben. So steht es zumindest
in einem Online-Magazin. Aber wie viel Wahrheit
steckt da drin? Das Internet ist voll von Bildern,
die suggerieren, mit "Forever Living" kann man es
sich richtig gut gehen lassen. Reich, gesund und glücklich, so
schön kann also das Leben sein. Und wie das funktionieren soll,
will er hier zeigen: Jim Menter. Morgen zeig ich tatsächlich
meinen persönlichen Kontoauszug live im Online-Meeting. Und ich zeig, wie ich jeden Tag
1321 Euro passiv verdiene mit einem Milliarden-Konzern.

Und vor allem das Ganze
ohne Nine-to-five-Job, wie du das auch kannst. Das ist wirklich eine Menge Geld. Und ich merke langsam, wie
die Bilder und die Versprechen auch bei mir zu wirken beginnen. Eine ehemalige Vertriebspartnerin
wird mir später erzählen, wie das Ganze
bei ihr abgelaufen ist. Doch zunächst zu
meiner eigenen Geschichte. Ich will mehr wissen und melde mich
für das Webinar an. Geführt wird es von den Eltern
von Jim Menter. Offensichtlich ist die ganze Familie
mit im Boot. Im Webinar kommen
verschiedene Personen zu Wort, die es geschafft haben sollen. Sie erzählen immer wieder
sehr ähnliche Geschichten. Damit du wieder mehr Zeit für dich, für deine Family,
deine Lebensträume hast. Dass du wieder mehr Lebensqualität, langfristige Gesundheit hast,
Selbstbestimmung und Freiheit. Lebensqualität,
Gesundheit, Selbstbestimmung, das habe ich doch schon mal gehört. Es tut schon etwas mit mir. Es löst in mir ein gewisses Gefühl
aus, dass ich es infrage stelle, ob es vielleicht
doch möglich sein kann, dass man 20.000 Euro oder mehr
im Monat verdienen kann.

Weil, die stellen
so viele Leute vor, die genau dieselbe
Geschichte erzählen, alle natürlich supergut angezogen,
in irgendwelchen tollen Parks, im Hintergrund eine fette Villa. Ich glaube, wenn man dafür
empfänglich ist, dann zieht das. Nach Abschluss des Webinars
werde ich aufgefordert, meine Kontaktdaten dazulassen. Ein paar Tage später folgt der erste
Anruf. Ich nehme mich dabei auf. * Das Telefon klingelt. * Hallo! Schön,
dass ich dich erreiche. Was denkst du? Steigst du mit ein? Ja, ich weiß noch nicht so richtig,
worum es geht. Ich verstehe, es geht
um "Forever Living Products". Richtig. Und damit,
die Produkte zu vertreiben. Genau.
– Mhm. Ich erkläre es mal
in meinen Worten, okay? Du hast tatsächlich Brigitte Menter, die Mutter von Jim Menter,
die coacht dich. Die ist auf Rang Nummer vier
auf der ganzen Welt bei "Forever". Das musst du dir mal vorstellen, in
162 Ländern auf Platz Nummer vier, Wahnsinn! Sie macht 170.000 im Monat,
170.000 passives Einkommen. Von ihr lernt man.


– 170.000 Euro im Monat? Richtig.
– Das ist wirklich wahr? Das ist richtig wahr, Alex. Alexandra, du bekommst hier was
in die Hand. Das ist das Wichtigste. Weil im Online-Marketing
zum Beispiel hast du ja auch die New Era,
eine viel höhere Reichweite im Netz. Du erreichst mehr Menschen
im Onlinebereich. Das wirst du alles beigebracht
bekommen von uns. Denn wir sind ja die Experten
in dem Bereich. Und was genau muss
ich eigentlich machen? Ich erklärs dir. Wenn du das sogenannte Business
Coaching von uns erwirbst, bekommst du zuerst mal
ein Mega-Riesen-Starterpaket.

Das heißt, 45 Pakete Clean-9-Pakete,
das ist ein Starterpaket. Also eine Riesen-Produktpalette, die du dann nach Hause
geschickt bekommst. Und diese 4600 Euro, die das
kosten sollte, geht nicht an uns. Sondern es geht direkt auch
an "Forever Living". Also wir nehmen erst mal kein Geld. Also noch mal, 4600 Euro müsste
ich dann sozusagen aufbringen. Na ja, für den Einstieg, Alexandra.
Aber was wir sagen: Wenn du einen Aufwand von fünf
Stunden in der Woche investierst, und das ist nun wirklich nicht viel,
hast du nach drei Monaten ein passives Einkommen von sage
und schreibe 5000 Euro. Nach drei Monaten schon?
– Ich garantiere es dir.

Von meinem Munde,
weil das ist einfach Tatsache. Wenn man natürlich
mehr Zeit investiert, kann man darüber hinaus verdienen. Weil "Forever-Produkte"
sind Aloe-vera-Produkte. Die sind auch natürlich
und hilfreich. Und ich will das jetzt
gar nicht groß raustönen, den Jim hats gesund gemacht. Er hatte eine Hautkrankheit
und wurde dadurch gesund. Es werden viele Menschen auch durch
die Produkte von "Forever" gesund. Man darf das ja nicht präsentieren,
wegen der Pharmaindustrie. Du weißt ja, die wollen
das große Geld machen. Die verdienen ja nur an den Kranken.
Also ich bin kein Verkäufer. Ich habe vor zwei Jahren
selber damit begonnen, die Produkte auch zu mir zu nehmen.

Und mir geht es tatsächlich besser. Ich will das jetzt nicht groß
rausprotzen. Es ist reine Tatsache. Ich red mal nur von der Zahnpasta.
Was die alles drauf hat! Man kann sie inhalieren,
auf die Wunde schmieren. Dein Zahn wird stärker. Sobald man nur
die Zahnpaste benutzt, bin ich sicher,
man wechselt zu "Forever". Unglaublich. 5000 Euro garantiert
und diese Heilsversprechen. Was erzählt mir dieser Typ da alles? Was ist das eigentlich
für ein Unternehmen, dessen Namen solche Aussagen
getroffen werden? "Forever Living" ist riesig.

Der US-Konzern
ist eigenen Aussagen nach mehrere Milliarden Dollar schwer und ein wahrer Global Player
im Multi-Level-Marketing. In mehr als 160 Ländern
sind sie aktiv, seit 20 Jahren auch in Deutschland. Und so funktioniert
das Geschäftsmodell: Beim Network-Marketing werden
die Kunden einer Firma zu selbständigen Verkäufern. Sie empfehlen das Produkt
an ihre Bekannten weiter und werben gleichzeitig
neue Verkäufer an. Die werben wiederum neue Kunden
und neue Verkäufer an. Die sogenannte Upline, also
diejenigen, die darüber stehen, erhalten für das Anwerben
und Verkaufen eine Provision. Je mehr Stufen, desto mehr verdienen
die Personen an der Spitze. Weil es verschiedene Ebenen gibt, spricht man hier
von Multi-Level-Marketing. Ist das legal? Oder handelt es sich hier um
ein illegales Pyramidensystem? Ich treffe mich mit
Peter Solf in Bad Homburg. Der Rechtsanwalt ist Geschäftsführer vom Schutzverband gegen
Wirtschaftskriminalität. Ihm erzähle ich
von meinen Recherchen und zeige Ausschnitte
aus den Webinaren. Die Erfolgsaussichten,
die dort getroffen werden, sind sehr grenzwertig hoch.

Ich weiß nicht, ob das alles
realisierbar ist. Und das auch nicht unbedingt unter
dem Standpunkt, der Prämisse, dass ich so was öfter sehe. Sondern ich denke, mit gesundem
Menschenverstand sollte man durchaus hier entsprechende Zweifel
an solchen aussagen haben. Natürlich geht es hier ganz zentral
um die Abgrenzungsfrage: Was steht im Vordergrund? Geht es wirklich darum,
nur Produkte zu verkaufen und eventuell neu Vertriebspartner
für diese Produkte dazuzugewinnen? Zusätzlich. Oder geht es ausschließlich darum, neue Partner
für dieses System zu gewinnen? Dann wäre es in der Tat
möglicherweise unzulässig und vielleicht
sogar strafrechtlich relevant. Pyramidensysteme
sind in Deutschland verboten. Ohne Produkt gäbe es
kein echtes Geschäft. Bei "Forever Living"
gibt es allerdings Produkte. Aber welche Rolle
spielen diese eigentlich? Diese Frage stelle ich mir während
meiner Recherchen immer wieder. Ich will mehr über das Unternehmen
und die Produkte erfahren und bestelle mir
ein paar der Bestseller. Aloe-vera-Gel,
zwei Tüten Gemüse-Shakes und ein paar Dosen
Nahrungsergänzungsmittel. Das alles für stolze 340 Euro. Sind diese Produkte ihr Geld wert? Also hier steht: Enthält über 20, Frucht- und
Gemüsesorten sowie Vitamin C, E und Magnesium, die, deinem Körper
helfen, leistungsstark zu bleiben.

Klingt doch eigentlich
ganz vielversprechend. Und auch im Netz schwärmen die Leute
von den Produkten Durch Clean-9 hab ich
ein völlig neues Körpergefühl. Ich verspüre keinen Hunger mehr und
habe richtig Lust auf Bewegung. Ich hab viel mehr Lust
auf gesundes Essen und fühl mich dadurch
fitter und schlanker. Das ist ein Zuckerzerstörerer.
Er hat 'ne ganz besondere Fähigkeit. Er hat hier
eine Schlingpflanzenart drin.

Die nennt sich …
Ich muss immer wieder gucken. Gymnema Sylvestre.
Und das ist eine Schlingpflanze. Wenn du von dieser Schlingpflanze
ein Stück Essen würdest und würdest danach
einen Löffel Zucker essen, dann schmeckt der Zucker wie Sand. Und auch wenn es dir beim ersten Mal
"wäh" schmeckt. Es wird im Laufe der Zeit besser. Die Aloe ist wie die Seife für
unseren Körper, unseren Darm. Es wirkt sehr basisch und
hilft einfach, den Körper wieder in ein ausgewogenes
Säure-Basen-Niveau zu bringen. Prost! Was taugen die Produkte wirklich? Um das in Erfahrung zu bringen, schicke ich sie zur Lebensmittel-
forschung an der Uni Gießen. Während meiner mehrwöchigen
Recherche werde ich immer wieder von dem einen Vertriebspartner
angerufen. Ich habe die 4600 Euro
fürs Starterpaket nämlich nicht überwiesen. Jetzt versucht er,
mich erneut zu überzeugen. Versteh ja, ich soll die Produkte
verkaufen, aber nicht nur, ne? Es geht nicht unbedingt darum, dass
du die Produkte verkaufen tust. Ach, nicht verkaufen?
– Also ja. Klar, kannst du das auch machen, wenn du direkt
dein Geld haben willst. Aber finde ich nicht so sinnvoll.

Sondern es geht darum,
neue Partner zu finden. Es ist ein Empfehlungsmarketing. Was
ich machen würde an deiner Stelle: Du kennst du
doch bestimmt viele Leute, die viele Follower haben
auf Instagram zum Beispiel. Denen würde ich die Sachen schenken. Jemand, der wirklich
Bekanntschaftsgrad hat. Der muss natürlich viele Follower
haben, ist klar. Der soll das mal testen
zum Körper entgiften. Zum Beispiel jemand,
der etwas molliger ist. Dem gibst du das auch mal.
Der nimmt direkt ab. Der kommt wieder
auf dich zu und fragt: Alexandra, wo hast du das Zeug her? Von zehn kommen fünf, vier,
das kann ich garantieren. Denn wer "Forever" getestet hat,
kommt davon nicht mehr weg. Das kann ich garantieren.
Das macht süchtig. Bei uns wirst du zum Manager. Wir haben nichts davon, wenn du
nicht zum Manager wirst bei uns. Wir verdienen keinen Cent daran,
wenn du nicht zum Manager wirst. Deswegen möchten wir alle
zum Manager führen.

Das heißt, es geht darum,
dass ich neue Partner sozusagen in das Unternehmen hole. Richtig, du holst die Partner
und profitierst davon. Okay.
– Ja, jeder profitieret davon. Man darf nicht denken:
"Ich trag mich nicht unter dem ein." "Der verdient dann an mir." Das ist
eine völlig falsche Denkweise. Jeder verdient an jedem, Alexandra. Nur, wenn du zum Manager wirst,
haben wir was davon. Weil das Geld, das du hier bei uns
bezahlst geht nicht direkt an uns, sondern an "Forever". Also noch mal, Alexandra,
wir verdienen nichts daran. Sondern du profitierst davon. Wenn man wirklich damit
so viel Geld verdienen kann, warum muss man andere mit
so viel Nachdruck überzeugen? Eine Zeit lang hat mich,
der man täglich angerufen, an manchen Tagen
bis zu neunmal hintereinander. Im Laufe der Zeit folge ich
verschiedenen Online-Schulungen und Präsentationen. Mir fällt auf, sie folgen immer
ein und demselben Schema. Die Geschichten
klingen immer gleich. Sie werden nur
von anderen Personen erzählt. Von alleinerziehenden Müttern,
Unternehmern, die für "Forever"
ihre Firma aufgegeben hätten.

Es sind Männer, Frauen,
jung und alt. Und sie sind glücklich. Es wird immer wieder
dieses Bild suggeriert. Wer zur "Forever"-Family gehört,
dem geht es gut. Das zeigen auch Videos
von den zahlreichen Events, die von "Forever"
veranstaltet werden. Ich habe einen Termin
zu einem Videogespräch mit einer Expertin
für solche Vertriebssysteme. Claudia Groß von der Universität
Nijmegen in den Niederlanden, forscht schon lange
zu derartigen Strukturen. Die Betriebswirtin kritisiert
das Forever-Living-Geschäftsmodell. Das Multi-Level-Marketing werbe
mit gefährlichen Versprechen.

Im MLM wird gesagt,
dass jeder nach oben kommen kann. Aber nach oben kommt nur,
wer mitverdient an anderen. Das ist sehr typisch
für Unternehmen. Der Unterschied zum MLM ist,
dass hier gesagt wird, auch der unten, der Hausmeister, die
Putzfrau kann Vorstandschef werden. Das stimmt einfach nicht, weil ich ja ganz viele brauche,
die unter mir sind. Rechnerisch: Es geht nicht auf. Ich verdiene mit an meiner Downline,
nur dadurch komme ich nach oben. Wenn alle oben sind,
hat niemand eine Downline. Es gibt einzelne Geschichten von
der Putzfrau oder dem Hausmeister im MLM,
die es tatsächlich geschafft haben.

Aber das ist dann eine
aus 10.000, 20.000, 30.000. Es kann nicht jeder oben sein.
Es kann nicht funktionieren. Auf Facebook lerne ich eine
ehemalige Vertriebspartnerin von "Forever Living" kennen. Auch sie habe bis vor drei Jahren noch
an all die Versprechen geglaubt. Doch statt großem Reichtum
habe sie sich verschuldet. Wie es dazu kam, möchte sie mir
erzählen, unter der Voraussetzung, dass wir ihren Namen nicht nennen
und ihr Gesicht nicht zeigen. Offene Kritik
sei in der Branche unerwünscht. Laura sei über eine Freundin
zu "Forever" gekommen. Damals war sie gerade in Elternzeit.
Ihr Geld war knapp. Die Freundin habe ihr
vom großen Erfolg vorgeschwärmt. Und da hat sie zu mir gesagt, das sind wirklich
sehr gute Produkte. Dass es bei mir auch was bringt. Und man könnte es auch sehr gut
verkaufen. Ich meine, ich war auch zu Hause. Dann war ich gerade in Elternzeit,
mit meinem Kleinen.

Da dachte ich mir, okay,
kann ich ja nicht viel verlieren. Sie habe ihrer Freundin vertraut und
sich auf das Geschäft eingelassen. Die rund 400 Euro
für das Starterpaket habe sie sich von ihr geliehen. Ich habe wirklich daran geglaubt.
Ich habe mir das wirklich ausgemalt. Wenn ich durchhalte, das mache,
was die Experten, die großen, die schon was erreicht
haben, geschafft haben, könnte ich das auch schaffen. Ich habe wirklich daran geglaubt, das ist mein Geschäft,
das wird funktionieren. Und jedes Mal, wenn wir bei
diesen Veranstaltungen waren, haben alle gejubelt. Dann wurden immer Leute vor gerufen, die die nächste Stufe
erreicht haben. Und: "Ganz toll.
Ich bin so zufrieden." "Ich bin so glücklich,
dass ich mitmache." Dann hat man auch diese Euphorie:
"Du schaffst das." Nach der Veranstaltung denkt man:
"Du kannst Berge versetzen." Dann kommt man zu Hause an
und kommt in der Realität an. Dann fängt man an zu rechnen:
"Oh, oh, oh." "Nächsten Monat muss ich
schon wieder Produkte bestellen." "Wie soll ich das schaffen?" Denn um überhaupt
Geld verdienen zu können, habe sie jeden Monat einen Umsatz
von 800 Euro generieren müssen.

Durch den Vertrieb
und das Anwerben von neuen Partnern. Nur dann sei sie, erzählt sie
mir, berechtigt für eine Provision. Egal ob sie etwas verkaufe
oder nicht. Hat dann dieses Geschäft
für Sie überhaupt funktioniert. Das hat für mich
gar nicht funktioniert. Alleine schon,
diese Leute zu werben. Es wird immer gesagt: "Ja, du musst erst mal
die Produkte jemandem vortragen. Die müssen das Kennenlernen
in deiner Umgebung." Wo fängt man an erster Stelle an?
Bei der Familie. Dann musste ich
meinen Vater ansprechen, meine Tante und Freunde ansprechen
ihnen die Produkte geben. Probiert mal, was sagt ihr,
ist das schön, ist das gut? Bringt das euch was? Das hat mir jedes Mal
so Bauchschmerzen zubereitet. Bis ich gesagt habe,
ich möchte nicht. Mein Bruder hat auch mir zuliebe
ein paar Euros investiert und hat ein paar Produkte gekauft. Er hat gesagt, die Produkte
bringen bei mir überhaupt nichts: Also das, was versprochen wird,
wirklich nichts davon. Ihre Familie sei skeptisch geworden. Doch ihr Team
habe sie gedrängt und gesagt, jeder Unternehmer müsse anfangs
kämpfen für den Erfolg.

Es ist dein Geschäft, du musst das
ausblenden, nur das Positive sehen. Das Negative
musst du hinter dir lassen. Es wird immer Menschen geben,
die sagen, das wird nicht funktionieren,
du schaffst das nicht. Das macht natürlich
nach ner Zeit so einen Druck. Man will es schaffen,
will es weitermachen um alleine schon die Familie zu
beweisen, dass es funktioniert. Das verursacht dann, dass ich
immer mehr und mehr Geld investiere, ohne dass
irgendetwas passiert. Bald habe sie nicht mehr gewusst, wem sie die Produkte
noch anbieten sollte. Geld für den Einkauf
habe sie auch nicht mehr gehabt. Der Druck aus ihrem Team
habe aber weiter zugenommen. Ich wurde sogar darauf animiert, wenn ich das Geld nicht habe,
soll ich Sachen verkaufen. Wo ich dann von meiner Tochter
die Spielsammlung verkauft habe, habe ich gedacht, das geht nicht. Ich kann nicht Sachen
von meiner verkaufen, dafür dass ich
ein paar Produkte kaufe, dass ich dieses Ding
weiterhin versuche. Dann wurde mir noch mal gesagt, "Ja, guck doch mal,
ob du noch irgendwas Zuhause hast." Ich habe dann angefangen,
die Elektrogeräte zu verkaufen.

Da habe ich einen Riesenstreit
gehabt, auch mit meinem Freund. Dann habe ich gesagt,
das geht nicht mehr. Praktiken von denen "for ever"
sich offiziell distanziert. Für Laura hat sich der Erfolg nie
eingestellt, sie war ein Jahr dabei. Haben Sie denn irgendetwas verdient? Ich habe nichts verkauft,
nichts verkauft. Nicht ein Produkt?
– Nicht ein Produkt. Stattdessen habe sie Schulden
von 4000 Euro angehäuft, aus Kosten für Seminare, Events und einen Haufen Produkte,
die niemand wollte. Für die Betriebswirtin Claudia Groß
ist das keine Überraschung. Sie erzählt mir von den Zahlen,
die das Unternehmen veröffentlicht. Schon da werde deutlich,
"forever living" selbst verspricht
weder schnelles Geld noch Reichtum. Auf Nachfrage bei
"foever living" zeigt sich, dass nur wenige hier
überhaupt Geld verdienen. Von 1000 Vertriebspartnern
haben 395 Personen gerade mal
bis zu 400 Euro brutto verdient. Darüber wird es immer dünner. Wie viele haben
mehr als 20.000 Euro verdient? Und wie viele verdienten gar nichts? Darüber gibt "forever living"
auf Nachfrage keine Auskunft. Begründung: sensible Informationen.

sie stünden ja im Wettbewerb
mit anderen Unternehmen. Wer diese Zahlen liest, sieht ja,
dass es nur sehr wenige sind. Das ist nicht verwunderlich, denn ich brauche eine große Gruppe
für ein passives Einkommen. Ich brauche also viele andere. Damit kann ja nicht jeder
oben an der Spitze sein. Außerdem bin ich kritisch,
wenn Nahrungsergänzungsmittel oder Gesundheitsprodukte vertrieben
werden durch Multi-Level-Marketing. Das Risiko ist,
dass im Privatbereich, online oder offline, auch hier das
Blaue vom Himmel versprochen wird, was Produkte alles bewirken können. Die Firma distanziert sich
also nicht nur von den hohen Einkommensversprechen, sondern verbietet Vertriebspartnern
sogar solche Aussagen. Auch Heilaussagen sind nach
der Unternehmensrichtlinie verboten. Aber halten sich auch alle daran? Von den Vertriebspartnern
wird dieses Produkt besonders stark beworben. Scheiß Pollenflug. Aber zum Glück
habe ich "Clean Nine", damit habe ich nicht nur
meine sportlichen Ziele erreicht, sondern ich kann wieder durchatmen.

Auch auf Facebook: Hier werde ich von verschiedenen
Personen ungefragt kontaktiert. Sie sehen mich als Kundin. Während ich noch auf die
Einschätzung aus dem Labor warte, bekomme ich Vorher-
und Nachherbilder zugeschickt, die nachweisen,
wie effektiv "Clean Nine" sein soll. Eine Dame erzählt mir,
dass man mit dem Programm bis zu acht Kilo abnehmen kann
in neun Tagen. Ich sage,
ich hätte einen empfindlichen Darm und sei unsicher, ob ich davon
nicht Beschwerden bekäme. Nee, Darmbeschwerden
dürfteste nicht haben, weil das Aloe vera
ist ja im Grunde das Allerbeste, was man für 'nen Damm haben kann.

Das trinkt man auch,
wenn man Darmprobleme hat, wenn man Probleme
mit dem Verdauungstrakt hat. Also da wird
der Darm regelrecht gepflegt. Wahrscheinlich
bist du deine Darmprobleme los, die du dir durch die
andere Geschichte zugezogen hast. Sie behauptet, Aloe vera
sei auch gut bei Darmerkrankungen wie Reizdarm,
Colitis Ulcerosa, Morbus Crohn. Letztere ist
eine schwere Erkrankung. Ich gebe mich verunsichert
und frage, ob ich mich nicht
ärztlich beraten lassen soll. Die Ärzte kennen sich meist
nicht mit Nahrungsergänzung aus oder auch nicht mit Aloe vera aus. Wie gesagt, ich kann nur sagen,
wir haben gute Erfahrungen gemacht.

Ich habe meinen Damen damit
in Ordnung gebracht vor 20 Jahren. Das war mein Einstieg
in die Aloe vera-Geschichte. Ich hatte damals
ganz schlimm Pilze im Darm. Ich hab das halt damit super in den
Griff gekriegt, das war dann weg. Ärzte kennen sich also nicht mit
Wirkstoffen bei Krankheiten aus? Und diese Tipps: Darf die Frau solche Dinge sagen
ohne medizinische Fachkenntnisse? Das will ich
mit der Verbraucherzentrale klären. Zunächst aber werde ich mich mit
einer Vertriebspartnerin treffen, die ich auch
auf Facebook kennengelernt habe. Die Frau arbeitet eigenen Aussagen
nach seit 15 Jahren für "forever". Eine Kollegin begleitet mich. Wir geben uns zusammen
als Interessentinnen für das Geschäftsmodell aus. Was wird uns die Frau erzählen,
um uns ins Business zu locken? Zu Hause hat sie eine ganze
Palette an Produkten vorbereitet und lässt uns probieren. Aloe-Vera-Blatt-Tee Gemüseshakes
und reines Aloe-Vera-Gel. Die Sachen schmecken fürchterlich. Kann man die wirklich
so gut verkaufen? Das ist ein
ganz hochwertiger Eiweißshake mit vielen wertvollen Aminosäuren. Die sind sehr hilfreich für vieles:
für die Haut, Regeneration vom Darm. Ich habe eine Partnerin
bei mir im Team, die hatte Neurodermitis
und Bronchialasthma.

Die ist mit "forever"
von diesen Sachen weggekommen. Wirklich, das klingt er unglaublich,
wie Arznei. Ja, aber genau das ist es nicht,
es ist Nahrung. Schon Hippokrates hat gesagt:
"Essen soll deine Medizin sein." Jetzt vor ein paar Jahren, hat ihr Mann Kehlkopfkrebs bekommen
und wurde operiert. Sie hat ihn vollgepumpt
mit allen möglichen Sachen von uns. Er hatte die Verbrennungen von der
Chemo nicht und die Schleimhäute waren nicht so kaputt
von der Bestrahlung wie bei anderen. Toi, toi, toi.
Bis jetzt ist auch noch da. Ist das auch präventiv gegen Krebs? Ich habe nämlich viele Fälle
bei mir in der Familie. Auf jeden Fall präventiv. Aloe ist Zellnahrung
und schützt die Zellen. Das sind Antioxidanzien. Das ist zum Beispiel so was. Wenn man da drauf guckt,
was da an Obst und Gemüse drin ist. Das ist der Kracher,
das ist nicht mehr zu bekommen. Das kannst du nicht
über normales Obst zu nehmen. Oder schaffst du fünf Portionen
Obst und Gemüse am Tag? Selbst wenn einer
das schaffen würde, da ist doch nicht mehr das drin, was
vor 20 oder 30 Jahren noch drin war. Aber es kostet schon einiges an
Überwindung, dieses Zeug zu trinken. Wenn der Leidensdruck
groß genug ist, dann trinkt man das. Das trinkt ja keiner
zum Vergnügen das Zeug.

Das würde doch keiner tun, wenn er
einen gesunden Menschenverstand hat, wenn er nicht
die Vorteile spülen würde. Also ich habe immer sehr exzessiv
gelebt in meiner Jugend. Ich rauche noch immer und
habe viel in der Sonne gelegen. Für mich ist das nicht nur
ein Gesundheitselixier, es ist auch ein Jugendelixier. Es kann nichts anderes sein, weil
ich habe nichts anderes genommen. Dann erzählt uns die Dame,
was die Cremes alles können, etwa die wärmende Heatlotion. Sie schmiert sich vor unseren Augen
die Creme direkt in den Rachen, weil damit Viren und Bakterien
abgetötet würden. Wir können es nicht fassen. Vor der Tür unterhalten wir uns
über die Erlebnisse.

Sie hat schon einiges
vom Leder gelassen. Zuerst hat sie sich zurückgehalten, hat gesagt, Heilsversprechen
darf man nicht machen. Sie wollte mir keine Tipps
für meinen Reizdarm geben. Aber irgendwann fing sie dann an.
Da hat sie losgelegt. Ja, da war Aloe vera
die Wunderwaffe. Wogegen hilft das alles? Wir haben jetzt gehört: gegen Pollenallergie,
Katzenallergie, Insektenstiche. Was hat sie noch gesagt? Unterstützend bei Chemotherapie,
dann Langzeitschäden nach Krebs. Die Produkte von "forever": Bereits im Jahr 2017, hat die
Verbraucherzentrale davor gewarnt. Kennzeichnungsmängel,
unzulässige Werbeaussagen und fragwürdige Inhaltsstoffe. Fazit: Dies lässt an der Seriosität
des Anbieters zweifeln.

Auch in England und in den USA
wurde "forever" bereits verwarnt: wegen unzulässiger Heilaussagen und
weil Produkte wie das "Clean Nine" die Grenzwerte
an Blei überschritten hatten. Wiebke Franz von der
Verbraucherzentrale in Frankfurt hat sich mit den Werbeversprechen
des Unternehmens auseinandergesetzt. Was sie heute beim Unternehmen
über die Produkte finden kann, sei weitgehend in Ordnung. Anders bei den Vertriebspartnern,
Beispiel "Clean Nine": Es wird ein
Reinigungs-Abnehmprogramm angeboten. Es wird überhaupt nicht gesagt, wodurch
eine Reinigung erfolgen soll. Mit was wir denn überhaupt
verdreckt sein sollen.

Es wird die Behauptung aufgestellt,
dass ohne vorhergehende Reinigung das Wunschgewicht
nicht erreicht werden kann. Auch das Wunschgewicht, das
kennt der Hersteller ja gar nicht. Damit ist das ja gar kein konkretes
Gewichtsreduktions-Versprechen. Es ist alles sehr global gehalten,
sehr unkonkret. Es ist nicht durch irgendwelche
Zutaten im Einzelnen belegt, wodurch diese Wirkung
erreicht werden soll. Ich zeige ihr meine Recherchen. Viele der Werbeversprechen
sind aus ihrer Sicht kaum haltbar
und auch nicht zulässig. Dennoch ist das ein typisches
Phänomen des Multi-Level-Marketing. Das beobachtet sie immer wieder bei
ähnlich strukturierten Unternehmen. Es ist ein Grundproblem. In der Regel werden da
als Vertriebspartner medizinische Laien beschäftigt. Uns fällt immer wieder auf
und Lebensmittelüberwachung ebenso, dass mit gesundheits- und
krankheitsbezogenen Aussagen agiert wird, wenn es um
Nahrungsergänzungsmittel geht. Das kann natürlich,
wenn das Versprechen sind … Das kann ich schlecht beurteilen. Aber wenn jemand
Medikamente einnimmt und dann zusätzlich solche
Nahrungsergänzungsmittel einnimmt, sind ja auch
die Pflanzenstoffe enthalten. Da sind ja auch Wechselwirkungen
möglich oder Nebenwirkungen. Das kann in jedem Fall
gesundheitlich riskant sein. Ob "Forever Living"
darüber Bescheid weiß? Immerhin geben sie ja vor, die Vertriebspartner
ordentlich zu schulen.

Ich bin gespannt,
was sie zu sagen haben. Vorher spreche ich wieder
mit der Wettbewerbszentrale, diesmal mit der Expertin für die europäische
Health-Claims-Verordnung. Was die Produkte selbst
und die Bewerbung dafür betrifft, ist mir aufgefallen, dass
man natürlich versuchen muss, die etwas aufzuwerten. Die sind ja, wenn ich das richtig
verstanden habe, relativ teuer. Das heißt, ich muss denen ja
irgendeinen Zusatznutzen beifügen. Das scheint mir hier
darin zu bestehen, dass man einfach behauptet, dass die
auch gegen Krankheiten helfen oder Krankheiten vorbeugen können. Ist das denn zulässig? Das ist nicht zulässig. Da muss man immer auch wieder
im Auge behalten, dass Nahrungsergänzungsmittel
keine Arzneimittel sind. Sondern Nahrungsergänzungsmittel
sind Lebensmittel. Und Lebensmittel
unterliegen ganz strengen rechtlichen Anforderungen
hinsichtlich der Werbung.

So darf man zum Beispiel
für Lebensmittel nicht mit Krankheitsbezügen werben. Das heißt,
das ist ziemlich gleichgültig, ob ich das direkt mache
oder mittelbar. Aber ich darf nicht
den Eindruck erwecken, dass Nahrungsergänzungsmittel
in irgendeiner Art geeignet sind, bei Krankheiten zu helfen. Sie wird jetzt prüfen,
inwiefern gegen die Vertriebspartner Unterlassungsklagen eingereicht
werden können. Denn die sind in der Haftung. Aber auch das Unternehmen, sollte nachweisbar sein, dass es
diese Aussagen wissentlich duldet. Ich frage bei "Forever Living" nach. Auch sie bekommen
die Recherchen vorgelegt.

In diesem Fall … Ich habe Zweifel. Weiß "Forever"
wirklich nichts darüber? Immerhin ich habe Heilaussagen
von verschiedenen, einander unabhängigen und
langjährigen Vertriebspartnern gehört und gesehen,
unter anderem von Rolf Kipp. Ich bekomme einen Anruf von der Lebensmittelanalytikerin
Gertrud Morlock von der Uni Gießen. Sie hat jetzt die Produkte
prüfen können und will sich mit mir treffen.

Die Wissenschaftlerin beschäftigt
sich seit mehr als 15 Jahren mit der Wirksamkeit
von Inhaltsstoffen. Nützen diese Produkte überhaupt
etwas, etwa dem Darm? Aber auch Aloe-Vera-Gel besteht
zu 99 Prozent aus Wasser. Wenn man jetzt
ein Mineralwasser trinkt oder so wird der Stuhlgang
auch schon besser. Ich weiß nicht, ob ich da 31 Euro
für so ein Produkt ausgeben würde. Und man hat auch hier noch
ein bisschen Ascorbinsäure drin, also Vitamin C und Zitronensäure. Vermutlich zur geschmacklichen
Abrundung, weil das Gel ja fast
nach nichts schmeckt. Also das ist ein Produkt
für 31 Euro. Ja, ich weiß nicht. Ich würd Haferflocken essen
oder Mineralwasser trinken. Dann kommt auch mein Darm
wahrscheinlich gut zurecht. Ihr Urteil: viel zu teuer
für den angeblichen nutzen. Zumal für viele Inhaltsstoffe
in den Produkten nicht eindeutig zu sagen sei,
ob sie überhaupt etwas bewirken.

Es sind zwar schon
Pflanzenextrakte mit dabei, die sicher auch Wirkstoffe haben,
die günstig sein können. Aber man muss das auch
mit klinischen Studien zeigen, ob da eine Wirkung dahinter steckt
in der Dosierung. Bei manchen steht drauf "nach
Belieben". Das geht nun gar nicht. Weil, dann kann ich auch
manchmal gar nichts essen. Wir wissen aus
dem Wirkstoffbereich, dass man auch eine regelmäßige Dosis
braucht, um eine Wirkung zu sehen. Auf Nachfrage stelle ich fest,
Nachweisstudien hält "Forever" für die eigenen Produkte
für nicht notwendig. Beim Aloe-Vera-Gel sei das
zum Beispiel das Vitamin C. Ob es noch andere Produkte
mit wirksamen Stoffen gibt, will "Forever" nicht beantworten. Wie kann so was möglich sein? Gerne hätte ich zu diesem
Geschäftsmodell ein Interview mit dem Verbraucherschutzministerium
in Hessen geführt. Aber die verweisen auf
das Frankfurter Veterinäramt, die lokale Lebensmittelüberwachung.

Forever hat einen Sitz in Frankfurt. Doch auch das Veterinäramt ist, nur für die Qualitätskontrolle
der Produkte zuständig. Etwas, was sie schon lange
kritisiert. Für Multi-Level-Marketing fühle
sich keine Behörde zuständig, obwohl bundesweit fast
eine Million Personen in solchen Strukturen arbeiten. Der Verbraucherschutz kümmert
sich um die Qualität von Produkten. Zum Beispiel um
Nahrungsergänzungsmittel, dass die uns nicht schaden. Das Problem ist bei MLM,
dass es nicht nur um die Qualität der Produkte geht, sondern mit welchen Versprechen,
die verkauft werden. Hier wird zu wenig kontrolliert. Der Verbraucherschutz braucht
mehr Befugnisse, um sich auch um die
Vertriebsstruktur zu kümmern. So lange sich keine politische Ebene
zuständig fühlt, wird das große Geschäft mit
falschen Versprechen weitergehen und Milliardengewinne gemacht
auf Kosten anderer. COPYRIGHT UNTERTITEL: hr 2020 .

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