Ich habe im Laufe der Jahre einige erstaunliche Start-ups gesehen, die sich von fast aus dem Nichts zu riesigen Unternehmen entwickelt haben.
Nehmen wir zum Beispiel Facebook – anfangs diente es nur Studierenden dazu, sich zu vernetzen, und heutzutage wird es von Menschen auf der ganzen Welt genutzt. Und Uber? Alles begann mit ein paar Autos in San Francisco und das Ganze entwickelte sich dann zu einem Dienst, der in fast allen größeren Städten der Welt angeboten wird.
Diese Erfolgsgeschichten könnten einen glauben machen, dass es einfach sei, ein Start-up aufzubauen, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Auf dem Weg dorthin muss man viele Herausforderungen bewältigen und eine Menge wichtiger Entscheidungen treffen.
Unser Bericht zeigte, dass ganze 54 % der Unternehmerinnen und Unternehmer Schwierigkeiten haben, Gewinn zu machen und ihre Finanzen in Ordnung zu halten.
Ich habe mir Expertenwissen zunutze gemacht, um herauszufinden, wie man am besten ein Start-up skaliert. Im Folgenden sprechen wir über den passenden Zeitpunkt, die richtige Vorgehensweise und mögliche Probleme.
Egal, ob Sie gerade erst anfangen oder bereits ein kleines Unternehmen führen: Ein entscheidender Faktor besteht darin, zu wissen, wie man vernünftig und nachhaltig wächst.
Was bedeutet „Expansion“ oder „Skalierung“?
Im Geschäftsleben handelt es sich einer Expansion bzw. Skalierung um die Fähigkeit eines Unternehmens, den Umsatz schneller zu steigern als die Kosten. Dabei geht es um die Ausweitung des Betriebs, die Steigerung der Produktion bzw. des Outputs und die Erschließung neuer Märkte bei gleichzeitiger Beibehaltung oder Verbesserung der Rentabilität.
Um damit erfolgreich zu sein, müssen Systeme, Prozesse und Ressourcen optimiert und an das Wachstum angepasst werden, ohne dass es dabei zu Qualitätsverlust oder zur Verringerung der Kundenzufriedenheit kommt.
Geschäftsmodelle, die wenig bis gar nicht von physischen Kapazitätsgrenzen anhängig sind, weisen eine hohe Expansionsfähigkeit auf.
Verschiedene Arten und Möglichkeiten für das Skalieren eines Unternehmens
Wenn man sein Unternehmen vergrößern möchte, stehen einem dafür mehr als nur eine Möglichkeit offen. Es gibt unterschiedliche Ansätze – jeder mit ganz eigenen Stärken und optimalen Einsatzszenarien. Wenn Sie die jeweiligen Unterschiede dieser Optionen verstehen, kann Ihnen das helfen, die richtige Strategie für die individuelle Situation und die jeweiligen Ziele Ihres Unternehmens zu wählen.
Vertikale Skalierung
Bei einer vertikalen Expansion wird die Kapazität vorhandener Ressourcen durch die Aufrüstung aktueller Systeme oder die Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation erhöht. Dieser Ansatz ist oft relativ einfach umzusetzen, doch weitere Maßnahmen in der Zukunft führen letztendlich zu geringeren Erträgen.
Vertikal vorzugehen eignet sich daher vor allem dann, wenn es um kurzfristiges Wachstum oder die Bewältigung einer erhöhten Nachfrage ohne größere strukturelle Änderungen geht.
Horizontale Skalierung
Bei einem horizontalen Ausbau des Unternehmens wird die Kapazität dadurch erweitert, dass dem vorhandenen System weitere Einheiten hinzugefügt werden: etwa durch das Eröffnen neuer Standorte, das Einstellen von mehr Personal oder das Erweitern von Produktlinien. Die Verwaltung ist in diesem Fall eventuell etwas komplexer, ermöglicht jedoch unbegrenztes Wachstum.
Ein horizontales Vorgehen erfordert parallele Systeme und außerdem kann es teuer sein. Es ist ideal für langfristige Wachstumsstrategien und verfügt über eine bessere Fehlertoleranz.
Diagonale Skalierung
Bei einer diagonalen Skalierung geht es darum, vertikale und horizontale Ansätze zu kombinieren. Dabei werden vorhandene Ressourcen verbessert und gleichzeitig neue hinzugefügt.
Dieser Ansatz ist flexibel. Er lässt sich an die jeweiligen Wachstumsanforderungen anpassen und aktuelle Ressourcen maximieren, während gleichzeitig die Kapazität erweitert wird.
Funktionale Skalierung
Bei einer funktionalen Expansion zielt alles auf bestimmte Bereiche innerhalb eines Unternehmens ab, um Wachstum oder Optimierung zu bewirken. Zu entsprechenden Maßnahmen könnten beispielsweise eine Erweiterung des Marketingteams, die Verbesserung des Kundendienstes oder der Ausbau der F&E-Kapazitäten gehören.
Mit diesem Ansatz ist es möglich, Verbesserungen gezielt voranzutreiben und die Ressourcen auf verschiedene Firmenaspekte auszurichten. Das ist sinnvoll, wenn bestimmte Funktionen das Wachstum einschränken oder Märkte erschlossen werden, die spezifische Kenntnisse erfordern.
Geografische Skalierung
Bei einem geografischen Ausbau steht die Expansion an neue Standorte oder auf neue Märkte im Mittelpunkt, um dadurch neue Kunden und Kundinnen zu gewinnen und die eigene Marktpräsenz zu diversifizieren. Dies bietet sich beispielsweise an, wenn man sich vor lokalen Konjunkturschwankungen schützen oder neue Talente ausfindig machen will.
Dazu müssen Sie sich jedoch auch an unterschiedliche Kulturen, Vorschriften und Marktbedingungen anpassen – Marktforschung und Lokalisierungsstrategien helfen dabei.
Der richtige Zeitpunkt um zu wachsen
Zu wissen, wann man sein Unternehmen ausbauen bzw. skalieren soll, ist genauso wichtig wie zu wissen, wie man das tut. Das Timing ist entscheidend – wenn Sie nämlich zu früh damit anfangen, überstrapazieren Sie eventuell Ihre Ressourcen; geschieht das jedoch zu spät, verpassen Sie möglicherweise wertvolle Gelegenheiten.
In diesem Abschnitt betrachte ich Indikatoren, die darauf hindeuten, dass Ihr Start-up bzw. Unternehmen möglicherweise bereit für den nächsten großen Schritt ist.
Wenn Ihnen wiederkehrende Aufgaben ins Auge fallen, die automatisiert werden könnten
Häufig denkt man, dass für die erfolgreiche Skalierung des eigenen Unternehmens großartige Veränderungen notwendig sind. Doch manchmal sind es die kleinen, alltäglichen Aufgaben, die uns zu verstehen geben, dass es an der Zeit ist, das Unternehmen zu vergrößern.
Emil Hajric, CEO der Wissensdatenbank-Plattform Helpjuice hat dazu eine interessante Meinung: „Für jede Rolle bzw. jeden Prozess innerhalb eines Unternehmens gibt es einen ‚Mikro-Ausbau‘.
Wenn Ihr Support-Team beispielsweise oft die gleichen Antworten zu hören bekommt, könnte es an der Zeit sein, den Bereich anhand einer Wissensdatenbank ‚auszubauen‘. Oder wenn Sie feststellen, dass Sie als CEO 20 % Ihrer Zeit mit Vorstellungsgesprächen verbringen, ist es vielleicht der richtige Zeitpunkt, eine Recruiterin oder einen Recruiter einzuschalten.
Ich sage immer: ‚Es ist Zeit an Wachstum zu denken, sobald Sie Wiederholungen bemerken, die auf die eine oder andere Weise automatisiert werden könnten‘.“
Diese Idee des „Mikro-Ausbaus“ ist nachhaltig. Das Ziel besteht darin, Engpässe im eigenen Tagesgeschäft zu identifizieren und Wege zu finden, diese aus dem Weg zu räumen. Sehen wir uns an, wie sich das Ganze praktisch umsetzen lässt.
- Überprüfen Sie Ihre Zeit: Nehmen Sie den Ablauf Ihrer Arbeitstage und den Ihres Teams unter die Lupe. Halten Sie Ausschau nach Aufgaben, die immer wieder vorkommen.
- Entdecken Sie Automatisierungsmöglichkeiten: Könnten einige dieser sich wiederholenden Aufgaben von Softwarelösungen oder Systemen statt von Menschen übernommen werden?
- Priorisieren Sie nach Effektivität: Konzentrieren Sie sich auf das Automatisieren der Aufgaben, die die meiste Zeit in Anspruch nehmen oder den größten Frust verursachen.
- Fangen Sie Stückchen für Stückchen an: Sie müssen nicht alles auf einmal automatisieren. Beginnen Sie mit einem oder zwei Prozessen und machen Sie dann weiter.
- Investieren Sie die eingesparte Zeit für anderes: Nutzen Sie die frei gewordene Zeit, um sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die zu Ihrem Geschäftsergebnis beitragen, wie die Gewinnung von Neukundschaft oder die Verbesserung von Produktfunktionen.
Wenn Sie spürbare Auswirkungen auf Ihre Kundschaft bemerken
Ihr Unternehmen ist bereit für einen Ausbau, wenn Sie dauerhaft eine messbare Auswirkung bei Ihren Kundinnen und Kunden feststellen.
Jason VandeBoom, CEO der Marketing-Automatisierungsplattform AktiveCampaign, unterstreicht diesen Punkt, indem er sagt: „Eine der effektivsten Hinweise, die ich beim Aufbau eines Unternehmens in Betracht gezogen habe, ist die jeweilige Wirkung. Man muss erkennen, welche Wirkung man auf Marken auf der ganzen Welt und auf die Teams an sich hat.“
Wie finden Sie heraus, ob dies der Fall ist? Suchen Sie in Ihren Kundendaten und Ihrem Kundenfeedback nach konkreten Beweisen:
- Berichten Ihre Kundinnen und Kunden von realen Produktivitätssteigerungen, wie z. B. einer wöchentlichen Einsparung von 20 Stunden oder einer 30 % schnelleren Erledigung von Aufgaben?
- Haben sie bestimmte Probleme gelöst, wie etwa die 50-prozentige Reduzierung von Bestandsfehlern oder eine Steigerung der Kundenbindungsrate um 25 %?
- Erreichen sie messbare Ziele, wie etwa eine Umsatzverbesserung von 40 % oder eine Senkung der Betriebskosten um 15 %?
Diese Kennzahlen lassen darauf schließen, dass Sie etwas wirklich Marktgerechtes gefunden haben. Diese Zahlen zeigen, dass Ihr Produkt bzw. Ihre Dienstleistung nicht nur nett – sondern ein Must-have ist. Falls Sie Derartiges bemerken, besteht oft Potenzial für weiteres Wachstum, damit noch mehr Kundschaft von Ihrem Angebot profitieren könnte.
Wenn Sie ein solides Team und eine starke Unternehmenskultur aufgebaut haben
Kennen Sie das Gefühl, wenn alle in Ihrem Team miteinander harmonieren? Wenn Ideen frei fließen, Probleme schnell gelöst werden und es ein gemeinsames Ziel gibt? Dann haben Sie ein solides Team und eine starke Unternehmenskultur aufgebaut. Darüber hinaus ist es eventuell ein Zeichen dafür, dass es Zeit für das Skalieren Ihres Unternehmens ist.
Ein solides Team arbeitet gut zusammen, passt sich schnell an und ist der Mission des Unternehmens verpflichtet. Wenn Sie über ein solches verfügen, sind Sie in einer hervorragenden Position, um größere Herausforderungen zu meistern.
Der Grund dafür ist einfach: Wachstum bedeutet mehr Arbeit, mehr Komplexität und wahrscheinlich mehr Stress. Sie benötigen ein Team, das damit umgehen kann und zusammenhält. Außerdem brauchen Sie eine Unternehmenskultur, die in der Lage ist, neue Personen einzubeziehen, ohne Authentizität einzubüßen.
Spencer Rascoff, Mitgründer und ehemaliger CEO des Immobilienportals Zillow, liefert in dem Podcast Everything Marketplaces ein erstklassiges Beispiel dafür, wie ein solides Team und eine starke Unternehmenskultur schnell Veränderungen bewirken können.
Als Zillow die wachsende Bedeutung mobiler Endgeräte erkannte, musste das Unternehmen in kürzester Zeit umschwenken. Rascoff erläutert:
„Ich erinnere mich daran, wie ich an meinem Computer saß und mir Steve Jobs Demo bei der WWDC ansah. Das iPhone war bereits seit etwa sechs Monaten auf dem Markt und er stellte den App Store vor. Damals sagte er, dass Apple für dieses iPhone in etwa sechs Monaten Apps hinzufügen würde, die bislang noch keiner hätte. […]
Ich rannte sofort zu meinem Mitgründer, denn das war‘s: 50 Leute bzw. das ganze Unternehmen auf Mobilgeräte auszurichten und den Einkauf auf Immobilien zum ultimativen mobilen Erlebnis zu machen.“
Zillow erkannte seine Chance und nahm eine drastische Wende vor:
„[…] wir änderten überall den Namen des Unternehmens ganz offiziell von zillow.com zu Zillow. Am Ende der Woche hatten wir ausgemacht, dass ich aufstehen, den Raum verlassen und das Meeting beenden würde, wenn in einer Produktbesprechung oder einem anderen Meeting mir jemand Desktop-Screenshots anstelle von mobilen Screenshots präsentieren würde.“
Eine solche schnelle, unternehmensweite Neuausrichtung ist nur mit einem soliden Team und einer starken Unternehmenskultur möglich. Falls Sie dieses Maß an Anpassungsfähigkeit und gleicher Ausrichtung feststellen, ist es eventuell eine gute Idee, Ihr Start-up zu vergrößern.
Wenn Sie ausreichend Liquidität auf dem Marketplace aufgebaut haben
Liquidität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass auf beiden Seiten genügend aktive Personen vorhanden sind, um reibungslose Transaktionen zu gewährleisten. Zwar gilt dieses Konzept insbesondere für Marketplaces, lässt sich aber auch auf andere Arten von Plattformen oder Unternehmen übertragen, bei denen die Abstimmung von Angebot und Nachfrage besonders wichtig ist.
Damit ein Marketplace floriert, ist ein gesundes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erforderlich. Dies bedeutet, dass es genügend Anbieter oder Service-Provider geben muss, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen, und auch genügend Kaufkundschaft, um die Bindung und Rentabilität dieser Anbieter längerfristig aufrechtzuerhalten.
Anzeichen einer guten Liquidität sind unter anderem:
- Kaufende und verkaufende Personen finden schnell zueinander
- Das Transaktionsvolumen ist gleichbleibend
- Kundschaft hat keine lange Wartezeiten
- Anbieter verfügen über regelmäßige Einnahmen
- Die Nutzerbindung erhöht sich auf beiden Seiten
Ohne ausreichende Liquidität ist die Kundschaft möglicherweise schnell frustriert und wechselt das Unternehmen, wodurch eine negative Rückkopplungsschleife entsteht.
Marco Zappacosta, CEO von Thumbtack, einer Plattform, die Kundinnen und Kunden mit lokalen Servicefachleuten verbindet, hat eine interessante Meinung, was den Aufbau von Liquidität betrifft. In dem Podcast Everything Marketplace sagt er:
„Manchmal ist es einfacher, Liquidität zu schaffen, wenn man breiter aufgestellt ist, nicht wahr? Weil wir das getan haben, konnten wir unsere Bemühungen auf mehr Kategorien ausdehnen und in jeder einzelnen davon auch mehr Fachleute anziehen und gewinnen als unsere Konkurrenz.“
Zappacosta bezieht sich auf die Strategie von Thumbtack, ein breites Spektrum an Servicekategorien anzubieten, anstatt sich auf eine einzige Nische zu konzentrieren. Dieser Ansatz ermöglichte es dem Unternehmen, relativ schnell Liquidität aufzubauen. Das Angebot einer breiteren Leistungspalette zog wiederum weitere Fachleute und Kundschaft an.
Kategorien auszuweiten ist vielleicht nicht für alle Unternehmen sinnvoll, für viele Plattformen ist die gleichzeitige Steigerung von Angebot und Nachfrage jedoch prinzipiell sinnvoll.
Sobald eine hohe Liquidität erreicht ist, zeigt das deutlich, dass das jeweilige Geschäftsmodell skalierbar ist und funktioniert. Kundinnen und Kunden auf beiden Seiten finden einen Mehrwert und es entsteht ein stetiger Transaktionsfluss. Falls Sie ein Portal, eine Plattform oder eine andere Art von Geschäft betreiben, wo Angebot und Nachfrage ausgewogen sind, ist das dann der ideale Zeitpunkt für eine Expansion.
Wenn Sie einen konstant positiven Cashflow verzeichnen können
Unter Cashflow versteht man einen stetigen und gleichmäßigen Einkommensstrom, der nicht nur Ihre Ausgaben deckt. Doch warum ist das für das Wachstum wichtig?
Wachstum erfordert normalerweise größere Investitionen. Eventuell müssen Sie dazu zusätzliches Personal einstellen, Ihre Technologie aufrüsten oder Ihr Marketing ausbauen – und das alles kostet Geld. Ist Ihr Cashflow aber dauerhaft positiv, sind Sie in einer viel besseren Position, dieses Wachstum zu finanzieren.
Die Erfahrungen, die Spencer Rascoff mit Zillow machte, sind in dieser Hinsicht interessant. Obwohl er den Cashflow nicht direkt erwähnt, spricht er darüber, wie das Wachstum finanziert wurde:
„Wir haben in der Pre-Seed-Phase über 6 Millionen US-Dollar von den Gründenden erhalten. Als wir Hotwire für 700 Millionen Dollar verkauften, bekam ich als Mitgründer 1 Million Dollar.
Damit habe ich ein Haus im Wert zwischen 650.000 und 700.000 US-Dollar gekauft bzw. das Geld als Anzahlung für ein 800.000 US-Dollar teures Haus verwendet. Die restlichen 350.000 US-Dollar von Hotwire habe ich dann in die Pre-Seed-Runde bei Zillow investiert.“
Bei Zillow verließ man sich anfangs auf Investitionen. Hätte das Unternehmen zum Zeitpunkt des Ausbaus einen konstant positiven Cashflow gehabt, hätte es mehr Optionen und größere Stabilität gehabt.
Fünf Wachstumshürden, die es zu bewältigen gilt
Mit der Expansion Ihres Start-ups werden Sie mit einer Reihe neuer Herausforderungen konfrontiert, die selbst für gestandene Geschäftsleute nicht einfach zu bewältigen sind. Unsere Untersuchungen zeigten, dass 23 % der Unternehmerinnen und Unternehmer beim Ausbau Ihres Betriebs mit Problemen zu kämpfen haben.
Wie geht man mit dieser Situation um? Ich habe Erkenntnisse von Branchenfachleuten zusammengestellt, die selbst Erfahrungen in diesem Bereich gemacht haben. Beim Ausbau Ihres Start-ups werden Sie wahrscheinlich auf fünf große Hürden stoßen.
Hier gebe ich Ihnen einige Expertentipps, wie diese zu meistern sind:
1. Verlieren Sie trotz Unternehmenswachstum die Kundenorientierung nicht aus den Augen
Eine der größten Schwierigkeiten für wachsende Start-ups und Unternehmen besteht darin, eine starke Verbindung zur Kundschaft aufrechtzuerhalten. Das Problem wird noch größer, wenn das Unternehmen seinen Personalbestand aufstockt, neue Abteilungen schafft und vielleicht sogar an neue Standorte expandiert.
In den Anfangsphasen haben Firmengründende und kleine Teams oft direkten und häufigen Kontakt mit ihrer Kundschaft. Mit zunehmender Größe des Unternehmens ist damit aber manchmal ganz schnell Schluss. Diese Distanz kann zu einer Trennung zwischen dem Unternehmen und den Bedürfnissen wie auch den Erfahrungen der Kundschaft führen.
Jason VandeBoom geht besonders auf dieses Risiko ein. Er betont, wie leicht der Kontakt zu den Kundinnen und Kunden verloren gehen kann, wenn ein Unternehmen wächst und Abteilungen sich stärker spezialisieren:
„Ich denke, dass der Geschäftsausbau eine Herausforderung darstellt, weil es dadurch mit der Zeit immer mehr um funktionale Rollen geht. Man entfernt sich dadurch aber weiter von seiner eigentlichen Kundschaft. Für mich liegt deshalb der Schlüssel darin, möglichst nah an den Kundinnen und Kunden dran zu bleiben.“
VandeBoom betont, wie wichtig es ist, diese Verbindung auf allen Ebenen der Organisation, einschließlich der Führung, beizubehalten. Er fügt hinzu: „Wenn ich nicht mit meiner Kundschaft spreche, wenn ich im Laufe einer Woche nicht direkt mit ihr interagiere, gehe ich doch automatisch immer weiter auf Distanz mit mir, nicht wahr?“
Um das zu vermeiden, empfiehlt sich Folgendes:
- Regelmäßiges Kundenfeedback: Planen Sie feste Termine ein, in denen Teammitglieder aller Abteilungen direkt mit der Kundschaft kommunizieren können.
- Kundenbeiräte: Bilden Sie eine Gruppe von Hauptkundinnen und -kunden, die regelmäßig Input zur Produktentwicklung und Unternehmensausrichtung geben.
- Internes Kunden-Storytelling: Teilen Sie Erfolgsgeschichten Ihrer Kundschaft und deren Herausforderungen im gesamten Unternehmen, um die Kundenbedürfnisse im Blick zu behalten.
- Funktionsübergreifende Kundeninteraktionen: Stellen Sie sicher, dass Teammitglieder aus verschiedenen Abteilungen, nicht nur aus Vertrieb und Support, die Möglichkeit haben, mit der Kundschaft zu interagieren.
- Führen mit Vorbildfunktion: Führungskräfte sollten regelmäßigen Kundenkontakt pflegen.
- Kundenorientierte Kennzahlen: Implementieren und verfolgen Sie Kennzahlen, die den Erfolg und die Zufriedenheit Ihrer Kundschaft widerspiegeln, nicht nur das Unternehmenswachstum.
Größer werdende Unternehmen können ihre Kundenorientierung aufrechterhalten, indem sie den hier genannten Punkten Priorität einräumen. So stellen sie sicher, dass sie beim betrieblichen Ausbau nicht den Kontakt zu den Menschen verlieren, für die Ihr Unternehmen eigentlich da ist.
2. Ändern Sie Ihre Rekrutierungsstrategien
Eine der größten Herausforderungen beim Wachstum Ihres Start-ups besteht in der Anpassung Ihrer Rekrutierungsstrategien. Was funktioniert hat, als Sie ein kleines Team von fünf Personen waren, funktioniert nicht mehr, wenn Sie 50 oder 500 Mitarbeitende beschäftigen wollen.
Viele Start-ups werden mit dieser Schwierigkeit konfrontiert. Tatsächlich haben 24 % der Unternehmen in der Wachstums- und Expansionsphase Probleme damit, passende Personen einzustellen und zu halten. Diese Zahl unterstreicht, wie wichtig es ist, im Zuge des Firmenausbaus eine solide Personalgewinnungsstrategie zu entwickeln.
Das trifft vor allem dann zu, wenn es um den Ausbau Ihres Vertriebsteams geht. Im Zuge Ihrer Expansion müssen Sie einen strukturierten Ansatz für das Einstellen, Schulen und Führen von Vertriebsprofis entwickeln, der das Wachstum Ihres Unternehmens voranbringen kann.
Zu Beginn vertraut man beim Einstellen von neuen Mitarbeitenden häufig stark auf persönliche Netzwerke und zielt darauf ab, „clevere Leute einzustellen“. Man sucht Allround-Talente, die mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen können und sich mit Leidenschaft für die Mission des Unternehmens einsetzen.
Marco Zappacosta von Thumbtack sagt dazu: „Ich glaube am Anfang haben wir vor allem einen heuristischen Ansatz verfolgt und versucht, die cleversten und fleißigsten Leute einzustellen, die wir kannten … und ich denke, das gilt auch für die ersten, vielleicht 12 oder 20 Personen, bei denen man eher wählerisch war.“
Dies funktioniert zwar bei den ersten circa zwölf Neueinstellungen ganz gut, ist aber bei zunehmender Vergrößerung nicht mehr machbar. Wenn Sie wachsen, müssen Sie zu einem strukturierteren Rekrutierungsprozess übergehen. Dazu gehören:
- Rollen und Zuständigkeiten zuweisen
- Ein formelles Einstellungsverfahren entwickeln
- Standardisierte Prozesse für das Einstellungsgespräch schaffen
- Geeignete Onboarding-Systeme erstellen
- Neben Kompetenzen auf Harmonie mit der Unternehmenskultur achten (Culture-Fit)
Außerdem müssen Sie anfangen, Mitarbeitende aufgrund spezifischer Fähigkeiten und Erfahrungen, nicht nur wegen ihrer allgemeinen Intelligenz und Anpassungsfähigkeit einzustellen. Dieser Wandel kann eine Herausforderung darstellen, insbesondere für Unternehmensgründende, die es gewohnt sind, bei jeder Einstellung dabei zu sein.
Um diesen Übergang erfolgreich zu meistern, empfiehlt Sheila Stafford, CEO für Attendance Solution bei TeamSense Folgendes: „Wenn es um die Talentsuche geht, rate ich, erstens nicht am falschen Ende zu sparen, sondern eine erstklassige Personalvermittlungsfirma zu engagieren und diese dafür zu gewinnen, dass sie Ihnen außergewöhnliche Personen bereitstellt.
Zweitens sollte man Mark Benioffs V2MOM-Modell für die Festlegung von Unternehmenszielen und dessen unternehmensweite Umsetzung anwenden.
Mit diesem Modell wird gewährleistet, dass die außergewöhnlichen Talente, die in die Organisation aufgenommen werden, sich schnell zurechtfinden und wissen, was für die Organisation wichtig ist, was die größten Hindernisse sind und wo Prioritäten bei der laufenden Arbeit gesetzt werden.“
3. Regulatorische und rechtliche Bedingungen verkomplizieren eventuell den Ausbau
Wenn Sie Ihren Betrieb ausweiten, werden Sie zwangsläufig mit einem komplexeren Regulierungsumfeld konfrontiert. Was im kleineren Maßstab vielleicht bewältigt werden könnte, kann sich beim Erschließen neuer Märkte, dem Einstellen weiteren Personals und dem Einführen neuer Produkte bzw. Dienstleistungen als große Hürde erweisen.
Das Nichteinhalten von Vorschriften bedeutet eventuell hohe Geldstrafen, kostspielige Rechtsstreitigkeiten und eine Schädigung Ihres Rufs.
Das kann Sie einerseits beträchtlich verlangsamen und andererseits eine Menge Ressourcen kosten. Vielleicht müssen Sie eine Anwaltskanzlei beauftragen, Ihre Arbeitsweise ändern oder Ihre Wachstumspläne auf Eis legen, während Sie die Dinge regeln.
Spencer Rascoff von Zillow lernte dies auf harte Weise, als das Unternehmen versuchte, den Konkurrenten Trulia aufzukaufen. Er sagt dazu:
„Wir haben zehn Monate lang mit der FTC, der Federal Trade Commission, darüber diskutiert, ob das nicht die Schaffung eines Monopols bedeuten würde.
Ich vermute, es gab nie eine richtige Einigung und ich bin immer noch der Ansicht, dass dadurch kein Monopol geschaffen wurde … Das ganze hat zehn Monate gedauert, und ich glaube, es waren dafür 26 Reisen nach Washington und mehrere Hunderte von Stunden eidesstattlicher Erklärungen erforderlich.“
Das ist viel Zeit und Energie, die Rascoff in den Ausbau des Unternehmens hätte investieren können.
Konsultieren Sie erfahrene Rechtsfachleute, die auf Start-up-, Unternehmens- und Wirtschaftsrecht spezialisiert sind, um sicherzustellen, dass Sie die wichtigsten Vorschriften verstehen und einhalten. Erstellen Sie außerdem klare Richtlinien und Verfahren in Bezug auf geistiges Eigentum, Datenschutz, Beschäftigungspraktiken und Vertragsmanagement.
4. Weiterentwicklung der Führungsrolle
Zu Beginn übernehmen Führungskräfte oft mehrere Aufgaben – sie kümmern sich um alles, von der Produktentwicklung bis zum Kundenservice. Mit zunehmendem Wachstum des Unternehmens ist dieser praktische Ansatz jedoch nicht mehr nachhaltig und kann sich sogar nachteilig darauf auswirken.
Ihre Prioritäten verschieben sich und Sie müssen eine klare Vision entwickeln. Sie sollten eine ausbaubare bzw. skalierbare Organisationsstruktur schaffen und Ihrem Team die Möglichkeit geben, Verantwortung zu übernehmen.
Jason VandeBoom beschreibt, wie sich seine Rolle mit dem Wachstum seines Unternehmens weiterentwickelt hat:
„Sie hat sich verändert und ist eigentlich ständig im Wandel. Das ist das, was alles so interessant macht. Es geht darum, ein Team aufzubauen, das nah am Kundenerlebnis und an der Kundschaft ist, um sich im Laufe der Zeit letztlich auf unterschiedliche Dinge zu konzentrieren. Es geht nicht mehr allein um eine einzelne Person.
Die richtigen Leute zu haben, das richtige Team aufzubauen, die Kundschaft in den Mittelpunkt zu rücken und dafür zu sorgen, dass Probleme gelöst werden – darauf investiere ich jetzt viel Zeit und Energie. Es ist jetzt ganz anders als früher, als ich tatsächlich gecodet oder praktische Dinge getan habe.“
Ihr Fokus sollte sich vom Tagesgeschäft auf die Entwicklung einer klaren Vision, den Aufbau einer ausbaufähigen Organisation und die Stärkung Ihres Teams verlagern.
Um mit wechselnden Prioritäten klar zu kommen, empfiehlt es sich,
- sich mit einem Team talentierter Menschen zu umgeben, die Ihre Fähigkeiten ergänzen und Ihre Vision teilen. Delegieren Sie Verantwortung, vertrauen Sie auf die Fachkompetenz der Mitarbeitenden und fördern Sie ein kooperatives Umfeld, in dem sich jeder wertgeschätzt fühlt und Gehör findet.
- das Team über die Vision, Ziele und Herausforderungen auf dem Laufenden zu halten. Versuchen Sie, einen offenen Dialog, Feedback und Transparenz auf allen Ebenen der Organisation zu schaffen.
- die eigenen Werte zu festigen, Erfolge zu feiern und Möglichkeiten zur Schaffung von Teamgeist zu finden. Eine starke Unternehmenskultur sorgt dafür, dass Ihr Team engagiert und motiviert bleibt, während das Unternehmen wächst.
5. Umgang mit der Finanzierung
Für Start-ups ist es oft schwierig vorherzusagen, wie viel Kapital sie im Laufe ihres Wachstums benötigen. Unterschätzt man die erforderliche Summe, kann das zu Cashflow-Problemen führen, überschätzt man sie, wird dadurch das ganze Bild unnötig verzerrt.
Marco Zappacosta von Thumbtack weist auf einen entscheidenden Aspekt des Fundraisings hin, indem er sagt: „Wenn Sie den Betrag in einer Finanzierungsrunde erhöhen, sollten Sie immer daran denken, worauf es bei der nächsten ankommt. Sie müssen sich nämlich in die Denkweise der Geld gebenden Personen hineinversetzen.“
Ausbau bedeutet, den aktuellen Betrieb zu finanzieren und sich gleichzeitig für zukünftiges Wachstum zu positionieren. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, sollten Sie Folgendes tun:
- Detaillierte Finanzprognosen entwickeln
- Best-Case- und Worst-Case-Szenarien entwerfen
- Unterschiedliche Wachstumsverläufe berücksichtigen
- Marktbedingungen und Wettbewerb miteinbeziehen
- Unerwartete Ausgaben einplanen
Wenn Sie wissen, wonach zukünftige Investorinnen und Investoren Ausschau halten, prägt das automatisch Ihre aktuelle Strategie der Mittelbeschaffung. Es beeinflusst den Betrag, den Sie aufbringen wollen, und wie Sie diese Mittel verteilen.
Berücksichtigen Sie dabei:
- Meilensteine, die Sie für die nächste Runde erreichen müssen
- Wichtige Kennzahlen, auf die sich investierende Personen konzentrieren werden
- Wie Ihre aktuelle Runde Sie für zukünftige Mittelbeschaffung positioniert
Ein vorausschauender Ansatz hilft Ihnen, die Dynamik aufrechtzuerhalten und Finanzierungslücken im Zuge des Wachstums zu vermeiden.
Tipps und Strategien: So lässt sich ein Start-up erfolgreich skalieren
Ich gebe Ihnen im letzten Abschnitt nun noch einige praktische Tipps und Strategien, die auf Erfahrungswerten von Selbstständigen und branchenführenden Unternehmen beruhen.
Es lohnt sich auch, sich mit Ressourcen zu beschäftigen, die speziell für den Start-up-Ausbau entwickelt wurden. Hier ein Beispiel: HubSpot bietet ein Start-up-Programm an, bei dem Software und Support speziell auf die Bedürfnisse wachsender Unternehmen zugeschnitten sind.
Tipp 1: Konzentration auf den Aufbau von Fähigkeiten und die Delegation von Gründeraufgaben
Wenn es an der Zeit ist zu wachsen, müssen Sie schnell einen Gang höher schalten. David Baum, CEO der Content-Operations-Plattform Relato, sagt dazu:
„Ich betrachte das Wachstum eines Unternehmens als einen Prozess des Kompetenzaufbaus und des Delegierens eines Großteils der Aufgaben, die bis dahin von den gründenden Personen erledigt wurden.
Das erste Problem, das es anzugehen gilt, besteht darin, dass die vorhandenen Personen nicht mit der Gruppe identisch sind, mit der Sie wachsen wollen. Der Familien- und Freundeskreis ist beschränkt und auch Ihr erweitertes Netzwerk an Innovatorinnen und Innovatoren ist normalerweise relativ klein.
Beim Ausbau geht es darum, sich frühzeitig eine Mehrheit zu schaffen. Diese Gruppe von Personen unterscheidet sich allerdings von den Innovatorinnen und Innovatoren. Sie werden ein breiteres Anforderungsspektrum und eine Menge Einwände haben, die Sie sowohl in Bezug auf das Produkt, die Bedingungen, die Preisgestaltung als auch den Content berücksichtigen müssen.“
Dieser Aspekt unterstreicht einen entscheidenden Ausbaufaktor – die Weiterentwicklung über den gründerzentrierten Ansatz hinaus, der für viele Start-ups in der Frühphase charakteristisch ist. Praktisch umsetzen lässt sich das Ganze durch:
- Identifizieren von gründerspezifischen Aufgaben: Erstellen Sie eine Liste aller Dinge, für die derzeit die Unternehmensgründerinnen und -gründer verantwortlich sind.
- Setzen von Prioritäten für die Delegation: Bestimmen Sie, welche Aufgaben an Teammitglieder oder neue Mitarbeitende delegiert werden können.
- Aufbauen neuer Fähigkeiten: Investieren Sie in Systeme, automatisierte Prozesse und Mitarbeitende, die umfangreichere Vorgänge übernehmen können.
- Anpassen an neue Kundensegmente: Bedenken Sie, dass sich Ihr anfänglicher Kundenstamm möglicherweise von dem breiteren Markt unterscheidet, auf den Sie im Zuge des Ausbaus abzielen.
- Verfeinern des Angebots: Seien Sie flexibel und passen Sie Ihr Produkt, Ihre Preise und Ihre Botschaften so an, dass sie den Bedürfnissen eines größeren Publikums gerecht werden.
Beim Ausbau geht es nicht darum, einfach nur mehr von dem zu tun, was bislang getan wurde. Dies bedeutet für die Gründenden oft, dass sie sich von den alltäglichen Aufgaben zurückziehen und sich stärker auf die strategische Ausrichtung und Teamführung konzentrieren müssen.
Zwar ist Delegieren unerlässlich, doch David Baum betont auch, wie wichtig es ist, dass die Gründungspersonen weiterhin in Schlüsselbereichen involviert sind: „Ich bin der Meinung, dass die Personen, die das Unternehmen gegründet haben, auch in der Anfangsphase des Wachstums intensiv in Marketing und Vertrieb eingebunden bleiben sollten.“
Durch diese praktische Herangehensweise werden die Kernwerte und -vision des Unternehmens auch bei der Erweiterung beibehalten.
Tipp 2: Ihr Geschäft und Ihre Zielgruppe kann sich ändern
Wachstum bedeutet, flexibel zu sein. Ihre ursprüngliche Geschäftsidee ist möglicherweise nicht diejenige, die letztendlich Erfolg hat. Die Bereitschaft, schnell die Richtung und seinen Businessplan zu ändern, ist manchmal für das Überleben und Wachstum eines Start-ups von entscheidender Bedeutung.
Märkte wandeln sich, Kundenbedürfnisse sind nicht mehr die gleichen und was zunächst wie eine großartige Chance erschien, kann sich als falsch erweisen – Start-ups kennen das. Das Wichtigste ist, anpassungsfähig zu bleiben und nicht zu sehr am ursprünglichen Plan festzuhalten.
Eine Neuausrichtung könnte beispielsweise bedeuten, das Produkt abzustimmen, sich auf einen anderen Kundenstamm zu konzentrieren oder sogar das Geschäftsmodell vollständig zu ändern. Wenn Ihr Unternehmen wächst, müssen Sie sich lern- und reaktionsfähig zeigen.
Bleiben Sie stets auf dem Laufenden, damit Sie bei Bedarf eine Neuausrichtung vornehmen können. Behalten Sie Folgendes im Auge:
- Kundenfeedback
- Markttrends
- Betriebliche Kennzahlen
Spencer Rascoffs Erfahrung mit Picasso, seinem Start-up für Teileigentum an Eigenheimen, zeigt, dass selbst erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer bereit zu einer mehrfachen Neuorientierung sein müssen:
„Wir haben bei Picasso schnell ein marktgerechtes Produkt gefunden, das insbesondere während der COVID-Zeit, als die Menschen ein zweites Zuhause haben wollten, einfach passte.
Schließlich begannen die Leute wieder normal zu arbeiten und brauchten kaum noch Zweitwohnungen. Wir mussten uns umorientieren. Dann stiegen die Hypothekenzinsen und den Menschen wurde plötzlich klar, dass es sich um einen diskretionären Kauf handelte.
Vor dem Anstieg der Hypothekenzinsen hatten sich bereits die allgemeinen Zinssätze erhöht, während Technologieaktien gefallen waren. Ein Großteil unserer Kundschaft fühlt sich plötzlich weniger vermögend und sagt: ‚Ich brauche Picasso nicht mehr oder ich möchte keine Million Dollar ausgeben‘.“
Seien Sie ehrlich zu sich selbst in Hinblick auf das, was funktioniert und was nicht. Es ist leicht, Anzeichen zu ignorieren, die darauf hinweisen, dass eine Veränderung nötig ist – insbesondere wenn man einiges bereits für die gegenwärtige Ausrichtung investiert hat.
Aber wenn Sie frühzeitig erkennen, dass eine Neuorientierung notwendig ist, können Sie auf lange Sicht Zeit und Ressourcen sparen.
Tipp 3: Holen Sie sich Rat von anderen funktionalen Führungskräften oder Personen, die Unternehmen gegründet haben
Eines der klügsten Dinge, die Sie tun können, ist es, Kontakt zu anderen aufzunehmen, die ihre Unternehmen bereits einer Größenveränderung unterzogen haben – und zu funktionalen Führungskräfte, die bestimmte Bereiche wie Marketing, Finanzen oder Betrieb aus dem Effeff beherrschen.
Die meisten Menschen teilen ihre Erfahrungen gerne mit anderen. Jason VandeBoom, Gründer und CEO von ActiveCampaign, gibt zu, dass er dies am Anfang nicht ausreichend getan hat:
„Eine Sache, die ich am Anfang nicht häufig genug gemacht habe, war, auf andere Menschen zuzugehen. Ich dachte, sie würden nicht gerne über ihre eigenen Erfahrungen sprechen oder diese mit mir teilen. Ich habe festgestellt, dass das genaue Gegenteil der Fall ist, sowohl was das Verhältnis zwischen Entrepreneuren als auch das zu funktionalen Führungskräften betrifft.“
Aber wie sollte man am besten dabei vorgehen? Beginnen Sie damit, Ihr eigenes Netzwerk aufzubauen. Nehmen Sie an Branchenveranstaltungen teil, treten Sie Unternehmergruppen bei oder knüpfen Sie über LinkedIn Kontakte.
Wenn Sie sich mit einer anderen Person in Verbindung setzen, bereiten Sie sich gut vor. Stellen Sie konkrete Fragen. Vielleicht fällt es Ihnen schwer, Mitarbeitende in großem Umfang einzustellen, oder Sie sind sich nicht sicher, ob Sie in einen neuen Markt einsteigen sollen. Was auch immer es ist, machen Sie deutlich, wobei Sie Hilfe brauchen.
Im Wesentlichen geht es darum, Anregungen zu finden, die Sie bislang möglicherweise nicht in Betracht gezogen haben. Manchmal kommt der wertvollste Rat von jemandem, der Ihr Problem aus einem völlig neuen Blickwinkel sieht.
Und hier noch ein Pro-Tipp: Holen Sie sich nicht nur Rat bei Leuten aus Ihrer eigenen Branche. Durch den gegenseitigen Austausch von Ideen aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen können innovative Lösungen entstehen.
Tipp 4: Versuchen Sie es mit einer Stealth-Marke und probieren Sie Konzepte aus, ohne Aufmerksamkeit zu erregen
Wenn Sie neue Ideen testen oder in einen wettbewerbsintensiven Markt eintreten wollen, kann die Einführung einer Stealth-Marke ein kluger Schachzug sein.
Was aber ist eine Stealth-Marke? Im Grunde handelt es sich dabei um eine abgespeckte Version Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung, die Sie unter einem anderen Namen auf den Markt bringen. Sie können damit das Terrain sondieren, ohne bei der Konkurrenz Aufmerksamkeit zu erregen oder bei der Kundschaft unrealistische Erwartungen zu wecken.
Spencer Rascoff, Mitgründer von Zillow, gibt für diese Strategie ein erstklassiges Beispiel: „HomeAuction.com war die allererste Version von Zillow. Wir sind mit dieser URL bewusst als Marke an den Start gegangen, da niemand ihr Beachtung schenken würde. Dort haben wir auch nur ein einziges Haus versteigert.“
Diese Strategie gab Zillow die Möglichkeit, das Konzept zu testen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Das Unternehmen konnte von realer Kundschaft lernen, potenzielle Probleme erkennen und Ideen verfeinern, bevor es mit der Marke Zillow groß rauskamen.
Natürlich darf dieses „unter dem Radar fliegen“ nicht ewig dauern. Bevor Sie den großen Schritt an die Öffentlichkeit wagen, geben Sie sich aber genug Freiraum für Innovationen und Verbesserungen. Falls Ihr Konzept erfolgreich ist, können Sie dann Ihre echte Marke verwenden und expandieren.
Planen Sie den Übergang jedoch sorgfältig, denn Sie möchten natürlich die Kundschaft, die Sie während Ihrer Stealth-Phase gewonnen haben, weder verwirren noch verlieren. Überlegen Sie sich im Voraus, wie Sie sie mitnehmen können, wenn Sie Ihre Marke vorstellen und Ihre Geschäftstätigkeit ausweiten.
Tipp 5: Kundenbindung und Vergrößerung des Kundenstamms sollten im Mittelpunkt stehen
Beim Ausbau Ihres Start-ups kann es schnell passieren, dass Sie nichts anderes tun, als der Kundschaft hinterherzujagen. Genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, kann es jedoch sein, die Kundinnen und Kunden zu binden, die Sie bereits haben.
Denken Sie daran: In der Regel ist es einfacher und kostengünstiger, Kundschaft zufriedenzustellen als neu zu gewinnen.
Wie erreicht man das aber? Stellen Sie zunächst sicher, dass Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung hervorragend ist – und dann hören Sie sich, was Ihre Kundschaft dazu meint. Was gefällt ihr? Was könnte besser sein? Nutzen Sie dieses Feedback, um Ihr Angebot zu optimieren.
Vergessen Sie außerdem nicht, Ihren bestehenden Kundenstamm zu erweitern. Können Sie mehr Dienstleistungen oder Produkte anbieten? Dies lässt sich oft leichter bewerkstelligen, da man Ihnen bereits Vertrauen schenkt.
Kyle Duffy, Investor bei Gradient Ventures (Teil von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google), behandelt in dem Podcast HubSpot’s Science of Scaling speziell KI- und Machine-Learning-Start-ups im Frühstadium. Ausgehend von seiner Erfahrung mit Portfoliounternehmen weist er in diesem Podcast auf ein häufiges Fehldenken hin:
„Etwas, das von Anfang an meistens übersehen wird, ist der Kundenerfolg. Man denkt sich: ‚Okay, wir brauchen Umsatz, also brauchen wir Kundschaft in unserem Laden.‘ Ich glaube nicht, dass genügend Wert darauf gelegt wird, den Kundenstamm, den man bereits hat, auszubauen.“
Kyle betont, dass viele Start-ups, insbesondere im KI-Bereich, der Neukundengewinnung Vorrang vor der Pflege bestehender Kundenbeziehungen einräumen. Er betont darüber hinaus, dass die Fokussierung auf den Kundenerfolg und die Suche nach Möglichkeiten zur Ausweitung des Angebots für Bestandskundschaft eine wirkungsvolle Wachstumsstrategie für junge Unternehmen sein kann.
Wenn Sie nach Inspiration suchen, wie andere Start-ups bzw. Unternehmen sich erfolgreich vergrößert haben, bieten Ihnen Ressourcen – wie HubSpots Fallstudien-Verzeichnis – interessante Case Studies und wertvolle Informationen.
Die Erfahrungen von anderen Personen, die Unternehmen gegründet und ähnliche Herausforderungen bewältigt haben, können beim Planen Ihrer eigenen Wachstumsstrategie unglaublich hilfreich sein.
Zufriedene Kundschaft bleibt eher bei Ihnen und empfiehlt Sie sogar weiter. Während Sie also daran arbeiten, Ihren Kundenstamm zu vergrößern, denken Sie daran, auch die Kundenbeziehungen, die Sie bereits aufgebaut haben, zu pflegen. Finden Sie die richtige Balance zwischen der Gewinnung von Neukundschaft und der Maximierung des Werts Ihrer vorhandenen Kundinnen und Kunden.
Fazit: Der richtige Zeitpunkt zum Skalieren
Bei meinen Recherchen und Beiträgen zum Thema der Skalierung von Start-ups ist mir eines völlig klar geworden: Auf jedes erfolgreich expandierende Start-up kommen zwei oder drei andere, die bei ihren Versuchen zu wachsen, stolpern oder scheitern.
Ich habe zahllose Beispiele von Start-ups erlebt, die einzig und allein aus Ehrgeiz oder aufgrund des Drucks von Investierenden schnell expandierten und am Ende mit ernsthaften Betriebsproblemen oder einem Burnout des Teams konfrontiert waren.
Auf der anderen Seite habe ich Unternehmen beobachtet, die sich vor der Expansion die Zeit genommen haben, ihr Fundament zu festigen und dadurch den Ausbauprozess häufig viel reibungsloser bewältigen konnten.
Neben dem richtigen Mindset ist gutes Timing das A und O. Der beste Zeitpunkt für ein Wachstum ist nicht dann, wenn der Markt heiß ist oder die Konkurrenz schnell wächst. Vielmehr kommt es darauf an, dass bei Ihnen selbst alles in Ordnung ist – dass Ihre Systeme die gestiegene Nachfrage bewältigen können, Ihr Team nicht nur gut aufgestellt, sondern auch leistungsfähig ist und Ihr zentrales Geschäftsmodell auf felsenfesten Füßen steht.
Titelbild: HubSpot