Churchill schrieb über Josef Stalin, er übernahm das Russland des Hakenpflugs und hinterließ es im Besitz der Atomwaffe. Bei der Atombombe hatten die USA noch die Führung, doch im Bereich der Raketentechnik überholte die rückständige UdSSR die westliche Führungsmacht.
Der Flug des Sputniks traf den Westen 1957 wie ein Schock und stärkte das Selbstvertrauen der Kommunisten in Moskau. Hier schien sich zu zeigen, dass der Sozialismus, der sich selbst als Wissenschaft verstand, dem chaotischen System des Kapitalismus überlegen war.
Das Apollo-Programm
Mit dem Apollo-Programm starteten die USA eine gigantische Aufholjagd, mit der geglückten Landung auf dem Mond verwiesen sie die UdSSR dauerhaft auf den zweiten Platz. Baikonur in Kasachstan ist auch heute noch das größte Kosmodrom der Welt und ein geschäftiger Platz. Hier begann der Flug des ersten Erdsatelliten am 4. Oktober 1957. Juri Gagarin startete am 12. April 1961 zur ersten Erdumkreisung durch einen Menschen.
Später folgten Sonden, die Mond und Venus erreichten. Neben den aktuell genutzten Anlagen ruhen hier die Reste des Sowjets-Traums. Der Fotograf Jonk ist ein Spezialist für verlassene Orte. 1500 Geisterplätze hat er auf der ganzen Welt fotografiert. In Baikonur hat er einen Coup gelandet, es ist ihm gelungen: in das Mausoleum der sowjetischen Raumfähre Buran – Schneesturm – zu gelangen und dort den letzten Triumph der sowjetischen Raumfahrt zu fotografieren.
Kopie des US-Shuttle?
Die Buran-Fähre war die sowjetische Antwort auf das Space-Shuttle-Programm der USA. Die Idee einer wiederverwendbaren Raumfähre hatte man schon zuvor in der UdSSR, aber erst als die USA begannen, so ein Programm ernsthaft zu verfolgen, wurde man aktiv. Äußerlich ähnelt die Buran den US-Shuttles so sehr, dass man annahm, die Russen hätten die US-Pläne gestohlen und eine Kopie gebaut. Tatsächlich soll sich die Fähre der UdSSR konzeptionell aber deutlich von dem US-Entwurf unterscheiden.
Der Zusammenbruch der UdSSR führte zum Abbruch des ehrgeizigen Weltraumprogramms. Der Spagat einer zusammenbrechenden Wirtschaft und technologischen Höchstleistungen war zu Ende. Überspitzt sprach der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt von der UdSSR als einem «Obervolta mit Atomraketen».
Verlassener Hangar
1993 entschied Boris Jelzin, die Reste des Programms einzumotten. In einem alten Hangar ruhen seitdem zwei Modelle der Fähre. Die Buran flog nur ein einziges Mal. Erfolgreich. Am 15. November 1988 trug eine Trägerrakete die Fähre ohne Piloten in Umlaufbahn. Nach zwei Erdumkreisungen und 206 Minuten setzen sie zu einer automatischen Landung an.
Die stillgelegten Teile des Kosmodroms sind ein gespenstischer Ort. Die lokale Bevölkerung hat sich zu Metall-Räubern entwickelt. Immer wieder werden Teile der Anlagen zerlegt, um die seltenen Metalle zu verkaufen. Der Fotograf Jonk und drei Freunde wurden von einem Einheimischen 20 Kilometer von Hangar entfernt abgesetzt. Heimlich schlichen sie sich nachts sieben Stunden an. Durch ein Fenster gelangten sie in den unbewachten Hangar. Zwei Tage lang fotografierte die Gruppe das Grabmal der Fähren, in einem zweiten Hangar wurde ein Prototyp der Startrakete entdeckt.
Der Band «Baikonur: Vestiges of the Soviet Space Programm» erzählt die Geschichte der Buran und das Abenteuer ihrer Wiederentdeckung in großartigen Bildern. Es nimmt den Leser mit zu den Artefakten des sowjetischen Raumprograms – unter all den Lost Places auf der Welt nimmt das Grab der Buran einen besonderen Platz ein.
Links:
Baikonur: Vestiges of the Soviet Space Programm
Jonk Photography
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