Mit iOS 18 hat Apple das nächste Betriebssystem für das iPhone vorgestellt. Das steckt voller smarter neuer Funktionen. Doch reicht es, um mit der Konkurrenz gleichzuziehen?
Malte Mansholt, Cupertino
Mit seinen neuen Betriebssystemen iOS 18 und iPadOS 18 will Apple den Rückstand zur Konkurrenz aufholen. Obwohl der Konzern lange ein stiller Vorreiter im KI-Rennen war, ist er zuletzt hinter Google und Co. zurückgeblieben. Nun meldet sich Apple mit einigen sehr spannende Ideen zurück. Leider gibt es viele der KI-Features nur für einen sehr kleinen Kreis von iPhone– und iPad-Nutzern. Doch auch der Rest kann sich auf Neues freuen.
iOS 18: Apples große KI-Offensive
Statt nur hinterherzuhecheln, hat Apple KI für sich selbst neu definiert: Mit seiner eigenen Apple Intelligence – eine smarte Anspielung an die englischsprachige KI-Abkürzung A.I. – hat Apple seinen ganz eigenen Ansatz vorgestellt. Die neue KI soll nicht nur völlig die Art verändern, wie man das iPhone nutzt. Sondern dabei anders als bei den Konkurrenten auch die Privatsphäre der Nutzer bewahren.
Dabei legt Apple viel Wert darauf, dass die KI-Berechnungen in der Regel auf dem Gerät selbst stattfinden. Nur bei komplexeren Aufgaben werden Daten in die Cloud geschickt, dort aber besonders geschützt verarbeitet – und anders als bei Google, Amazon oder Microsoft nicht gespeichert. Der neue Ansatz hat nicht nur Vorteile beim Datenschutz: KI-Funktionen, die direkt auf dem iPhone berechnet werden, funktionieren eben auch wenn mal keine Internetverbindung besteht.
Das gilt aber leider nur für einen sehr kleinen Teil von Apples gigantischer Nutzerbasis: Nur Besitzer eines iPhone 15 Pro und Pro Max oder eines Mac-Rechners mit Apples M-Chip kommen in den Genuss der neuen KI-Superfeatures. Apple begründet das mit der nötigen Rechenleistung. Dass aber auch der besonders sichere Cloud-Ansatz ausgeschlossen ist, erklärt sich dadurch nicht. Für viele Apple-Fans dürfte das eine große Enttäuschung sein.
Siri lässt weiter warten
Vor allem auch deshalb, weil mit dem Update endlich auch Siri besser werden soll. Die erste Sprachassistentin hat seit der Vorstellung 2011 mächtig an Fahrt verloren. Mit iOS 18 soll sie nicht nur wesentlich komplexere Befehle verstehen, sondern auch deutlich mehr Macht im System bekommen. Glaubt man Apple, kann man bald nahezu das gesamte Gerät per Stimme steuern – ohne dafür Apps öffnen zu müssen.
Doch selbst wer ein iPhone 15 Pro besitzt, muss im Deutschland darauf noch länger warten: Die neue Siri kann zunächst nur Englisch, andere Sprachen sollen «im Laufe des nächsten Jahres» folgen.
Ein smarteres System
Trotzdem wird das System auch für die übrigen Nutzer smarter. Ob die überarbeitete Foto-App, die nun Bilder sortiert, eine Mail-App, die selbst erkennt, welche Mails am wichtigsten sind oder die Möglichkeit, Emojis mit einigen Tippern selbst gestalten zu können: Das neue System trieft geradezu von neuen Features, die mit künstlicher Intelligenz ermöglicht werden. Das ist teilweise enorm nützlich. Bekommt man etwa mehrere Benachrichtigungen derselben Chat-Gruppe, werden die nicht mehr alle einzeln angezeigt – sondern eine Zusammenfassung, was seit dem letzten Blick in den Chat passiert ist.
Wenn das System mal nicht weiterweiß, holt es sich einen Partner ins Boot: iOS unterstützt nun ChatGPT, etwa um eine Mail zu verfassen oder Fragen zu beantworten. Der Chatbot ist dabei tief im System verankert und funktioniert über Apps hinweg. Damit die Privatsphäre geschützt ist, haben die Nutzer die Wahl: Möchte iOS eine Funktion zu ChatGPT auslagern, fragt es jedes Mal nach. Und überträgt dann nur die Daten, die nötig sind.
Endlich ein Taschenrechner – und was für einer
Für einige der am meisterwarteten neuen Funktionen hätte Apple aber wohl nicht erst auf die KI-Revolution warten müssen. So bekommt das iPad endlich einen Taschenrechner – fast 15 Jahre nachdem es vorgestellt wurde. Das Warten hat sich aber durchaus gelohnt: Der völlig neu gedachte Rechner verwandelt das Tablet in eine Art smarte Kladde.
Math Notes nennt sich das Feature, das aus handschriftlichen Notizen Mathe-Magie entstehen lässt. Schreibt man mit dem Apple Pencil eine Rechenaufgabe oder eine mathematische Formel auf, kann das iPad diese nicht nur lesen und verarbeiten – sondern auf Wunsch auch ausrechnen. Und die passende Kurve dazu zeichnen oder auswerten. Auch gezeichnete Graphen ändern selbstständig ihren Verlauf. Damit Schüler nicht schummeln, lassen sich die automatischen Lösungen aber auch abschalten.
Mehr Anpassbarkeit
Auch nach einem anderen Feature wurde quasi seit Tag eins des iPhones gefragt: Mit iOS 18 ist es endlich möglich, seine Apps frei auf dem Homescreen zu platzieren – unabhängig davon, wo die anderen App-Symbole sind. Man kann also endlich Platz zwischen den Apps lassen. Die Symbole selbst sind nun ebenfalls anpassbar und lassen sich farblich ändern. Wer will, kann nun also alle Social-Media-Apps in knallrot einfärben oder die Arbeits-Apps in schwarz hervorheben. Ganz frei ist man dabei leider nicht: Einfärben lassen sich nicht einzelne Apps, sondern immer ein ganzer Homescreen.
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Überhaupt wurde die Anpassbarkeit deutlich erhöht: Auch das neu gestaltete Control Center kann man nun ganz auf die eigenen Bedürfnisse optimieren und sogar ganz konkrete Funktionen einzelner Apps mit einem Wisch verfügbar machen. Sogar die Buttons für Taschenlampe und Kamera auf dem Homescreen darf man nun mit eigenen Befehlen ersetzen.
Viele Änderungen in Details
Viele kleinere Änderungen gibt es in kleinen Details. So lässt sich die bisher für Notrufe verfügbare Satellitenverbindung von neueren iPhones nun auch nutzen, um Nachrichten abzusetzen. Apps, die einem vielleicht peinlich sind, lassen sich vor neugierigen Augen verbergen – und werden nur angezeigt, wenn der Nutzer per FaceID identifiziert wurde.
Eine Reihe von Neuerungen bei der Benutzbarkeit hatte Apple bereits angekündigt: Um Menschen mit Einschränkungen mehr Anpassbarkeit an die eigenen Bedürfnisse zu erlauben, kann man das iPhone dank Augentracking nun auch direkt mit den Augen steuern. Eine bessere Spracherkennung soll auch Menschen mit «ungewöhnlicher» Aussprache besser verstehen. Und Sprach-Shortcuts erleichtern die Benutzung über Sprache im Allgemeinen.
iOS 18 und iPadOS erscheinen im Herbst, eine Testversion wird im Juli veröffentlicht.