Der Vertrieb eines Unternehmens nimmt Kontakt zur Kundschaft auf und verkauft dieser ein Produkt oder eine Dienstleistung. Das ist die klassische Schulbuch-Theorie. In der Praxis gestaltet sich das ganz aber oft anders – denn die Vertriebsorganisation funktioniert nicht immer wie geplant.
Oft beschäftigen sich Mitarbeitende mit Hunderten Aufgaben, die viel Zeit kosten, aber am Ende nur zu wenigen Verkäufen führen. Wir zeigen Ihnen, wie Ihre Vertriebsorganisation zum Erfolg wird.
Was ist eine Vertriebsorganisation?
Die Vertriebsorganisation ist Bestandteil der Unternehmensstruktur und beinhaltet sämtliche Aspekte, die mit dem Vertrieb eines Unternehmens und seiner Produkte oder Dienstleistungen zu tun haben. So wird der Abteilung eine Struktur verliehen, sodass Abläufe besser durchdacht und zielgerichtet ablaufen.
Da der Vertrieb sehr komplex ist, unterscheidet man zwischen der Innen– und der Außenorganisation. Erstere kümmert sich um interne Abteilungen, wie etwa die Tätigkeiten der Mitarbeitenden. Die Außenorganisation ist für die Zusammenarbeit mit externen Vertriebspartnern zuständig.
Effektive Vertriebsorganisation: Bedeutung und Definition
Ohne Strukturen, eindeutige Prozesse und klare Kompetenzen herrscht in jedem Team und in jedem Unternehmen Chaos. Jeder bzw. jede Angestellte macht irgendwas und irgendwie. Dies ist aber am Ende wahrscheinlich nicht richtig und zielführend.
Eine effektive Vertriebsorganisation sorgt in ihrer originären Definition dafür, dass Ihre Vertriebsmitarbeiterinnen und Vertriebsmitarbeiter entsprechend ihren Fähigkeiten und ihrem Wissen zum Einsatz kommen: Wenn eine Person gerade frisch von der Hochschule kommt, werden Sie diese nicht auf Ihre Key-Accounts loslassen. Und Fachleute für Softwareprodukte müssen keine Kleidung verkaufen. Stattdessen verteilen Sie die Kompetenzen in Ihrem Vertrieb so, wie sie wirklich sinnvoll sind.
Ihre gut strukturierte Vertriebsorganisation dient (vereinfacht gesagt) dazu, dass am Ende alle Beteiligten die Vertriebsstrategie mit ihren Vertriebs- und Unternehmenszielen zu einem Erfolg machen.
Aufbau einer erfolgreichen Vertriebsorganisation: Aspekte und Kriterien
Es gibt nicht die ideale Vertriebsorganisation. Jedes Unternehmen muss seinen idealen Aufbau finden, der sich an verschiedenen Kriterien orientiert. Diese können sich im Laufe der Zeit, zum Beispiel durch Marktveränderungen, verschieben.
Aus unserer Sicht sind bei der Organisation Ihres Vertriebs vor allem folgende Aspekte und Kriterien wichtig:
Zielgruppen
Wer ist Ihre (potenzielle) Kundschaft? Wie sieht deren Customer Journey und Kaufverhalten aus? Welche Touchpoints müssen Sie aktuell und in Zukunft bedienen?
Vertriebskonzept
Welche Unternehmens- und speziell Vertriebsziele sind zu erfüllen? Wie fallen Ihr dazugehöriges Vertriebskonzept und die damit verbundene Vertriebsstrategie aus?
Vertriebsstruktur
Wie sieht Ihre geplante Vertriebsstruktur aus? Was sind Ihre Vertriebskanäle? Setzen Sie auf einen Strukturvertrieb, auf Vertriebspartnerschaften oder einen Direktvertrieb?
Vertriebsteam
Welches Fachwissen und welche Kompetenzen besitzen Ihre Mitarbeitenden? Wo haben die Teammitglieder gutes Spezialwissen, in welchen Bereichen sind sie eher schwach? Wen kann man auf welches Thema setzen?
Ein Tipp aus unserer Erfahrung: Überlegen Sie auch, ob Sie ein Sales-Enablement-Team aufstellen. Dieses befähigt Ihr Vertriebsteam mit Ressourcen, Tools und Informationen, um besser verkaufen zu können.
Wie strukturiert man ein Vertriebsteam?
Um Ihr Vertriebsteam zu strukturieren, sollten Sie zunächst die Ziele und den Markt klar definieren. Basierend darauf entscheiden Sie, ob eine kunden-, produkt-, gebiets-, funktions- oder agil orientierte Organisation am besten passt. Tipp: Berücksichtigen Sie auch die Stärken Ihrer Vertriebsmitarbeitenden und richten Sie Rollen und Verantwortlichkeiten daran aus.
Wer hat im Vertriebsteam welche Aufgaben?
Stellen Sie sich diese Fragen bei der Entwicklung Ihrer Vertriebsorganisation. Beachten Sie hierbei, wie Sie die Effizienz des gesamten Vertriebs wie auch einzelner Einheiten verbessern können. Am Ende geht es darum, das beste Ergebnis und somit einen Erfolg für Ihr Unternehmen zu liefern. Das ist oft eine Steigerung von Absatz, Umsatz und Gewinn.
Unser Tipp: Erstellen Sie am besten ein Organigramm für die Vertriebsorganisation. So sehen Sie und alle Beteiligten auf einen Blick, wer wem zuarbeitet.
Mögliche Ausrichtungen und Formen der Vertriebsstrategie
Die Vertriebsorganisation eines Unternehmens kann auf verschiedene Weisen ausgerichtet sein, um zum einen den größtmöglichen Verkaufserfolg zu erzielen und zum anderen schnell auf Marktbedingungen zu reagieren.
Wir stellen Ihnen fünf Ausrichtungen der Vertriebsstrategie genauer vor:
- Kundenorientiert
- Produktorientiert
- Gebietsorientiert
- Funktionsorientiert
- Agil
Die Wahl der richtigen Vertriebsstrategie ist entscheidend. Unserer Erfahrung nach lässt sich nicht pauschal sagen, welches die beste aller Formen ist. Es hängt immer von verschiedenen Faktoren wie der Art Ihrer Produkte, der Kundenbasis und den Marktgegebenheiten ab.
Kundenorientierte Vertriebsorganisation
In einer kundenorientierten Vertriebsorganisation bauen Sie die Struktur um die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen Ihrer zuvor definierten Kundensegmente herum auf. Mit dieser Ausrichtung kann sich Ihr Vertriebsteam tiefgehend mit den Präferenzen und dem Kaufverhalten spezieller Buyer Personas auseinandersetzen.
Die Kundschaft für die Vertriebsteams wird oft nach Kriterien wie Unternehmensgröße, Branche oder Kundenwert organisiert. Diese Struktur eignet sich besonders in Märkten, in denen maßgeschneiderte Lösungen und ein enger Kundenkontakt entscheidend für den Erfolg sind – das gilt in erster Linie für betreuungsintensiven B2B-Vertrieb.
Produktorientierte Vertriebsorganisation
Im Rahmen der produktorientierten Vertriebsorganisation richten Sie Ihr Verkaufsteam hingegen entlang Ihrer Produktpalette aus. Jedes Team spezialisiert sich auf ein bestimmtes Produkt oder eine Produktgruppe.
Dieser Ansatz ist ideal, wenn Sie eine breite oder komplexe Palette besitzen und sicherstellen möchten, dass jede Produktkategorie die bestmögliche Aufmerksamkeit und das tiefste Verständnis erhält. So muss nicht jede und jeder Vertriebsmitarbeitende eine Expertin oder ein Experte auf allen Produktgebieten sein.
Sales-Teams entwickeln bei der produktorientierten Vertriebsorganisation meist spezifische Strategien, die auf die Besonderheiten und den Markt jedes Produkts abgestimmt sind. Das hilft dabei, effizienter zu verkaufen.
Gebietsorientierte Vertriebsorganisation
Bei einer gebietsorientierten Vertriebsorganisation teilen Sie Ihre Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter geografisch auf. Jedes Team ist für den Verkauf und die Bestandskundenpflege in einer Stadt, einer Region, einem Land oder einem anders abgesteckten Bereich zuständig.
So sind Sie nah an der Kundschaft, was besonders in internationalen Märkten oder bei regional unterschiedlichen Marktbedingungen aus unserer Sicht ein Plus ist. Lokale Kultur, Sprache, Rechtsprechung – so können Sie die Aufgaben des Vertriebsteams sehr gezielt am Zielmarkt ausrichten.
Funktionsorientierte Vertriebsorganisation
In einer funktionsorientierten Vertriebsorganisation ist Ihr Team nach spezifischen Funktionen oder Aufgaben innerhalb des Vertriebsprozesses gegliedert. Die Aufteilung könnte etwa wie folgt sein:
- Kundenakquise
- Kundenbetreuung
- Produktpräsentationen
- After-Sales-Support
Der Vorteil dieser Vertriebsstruktur ist, dass sich die einzelnen Teammitglieder auf ihren Aufgabenbereich spezialisieren können – bestenfalls steigt dadurch die Effizienz.
Agile Vertriebsorganisation
Während die vier bisher vorgestellten Formen sehr starr sind, sind Sie bei einer agilen Vertriebsorganisation deutlich flexibler. In diesem Modell sind Teams oft crossfunktional und projektbasiert organisiert. Das Ziel ist, schnell auf Veränderungen zu reagieren und innovative Lösungen zu entwickeln.
Welche Arten von Vertriebsorganisationen gibt es?
Beim Aufbau Ihrer Organisation mit ihren Strukturen und Vertriebsprozessen geht es nämlich auch darum, die Mitglieder des Teams passend und zielgerichtet aufzustellen. Dabei gibt es mehrere Arten von Vertriebsorganisationen: das Insel- (The Island), Fließband- (Hunter-Farmer) und Gruppen-Modell (The Pod). Zudem wird zwischen Innenorganisation und Außenorganisation unterschieden.
Innenorganisation
Eine der beiden Grundarten der Vertriebsorganisation ist die Innenorganisation: Wer ist beispielsweise für den ersten Kontakt mit den Kundinnen und Kunden zuständig, wer betreut die Bestandskundschaft? Wer arbeitet im Innendienst, wer im Außendienst?
Außenorganisation
Bei der Außenorganisation geht es unter anderem um die Betreuung der Vertriebs- und Geschäftskooperationen.
Zur besseren Findung der passenden Vertriebsorganisation gibt es drei oft angewandte Modelle. Wir erklären Ihnen diese jeweils kurz mit ihren Vor- und Nachteilen.
The Island: Die Vertriebsmitarbeitenden als Insel
Sind die Mitglieder Ihres Vertriebs äußerst kompetent und arbeiten sie gern allein, ist das Insel-Modell eine gute Form der Vertriebsorganisation. Sie besagt, dass jede angestellte Person wie eine Insel autark funktioniert.
Mit ihren zahlreichen Fähigkeiten spricht er oder sie Interessierte an, macht sie zu Leads und schließlich zum Teil der Kundschaft. Auch die Nachbetreuung der neuen und bestehenden Kundschaft managt dieses Multitalent allein. Diese Art der Vertriebsorganisation wird oft auch „One-Face-to-the-Customer“ genannt.
Vorteile
- Hohe Eigenverantwortung der Mitarbeitenden
- Sehr flexibel, da eine Person bei einer Kundin oder einem Kunden zentraler Anlaufpunkt ist und die Kundenbedürfnisse kennt
- Schnelle Entscheidungsfindung
Nachteile
- Hohe Abhängigkeit von einzelnen Mitarbeitenden
- Teamgedanke leidet unter der Autarkie
Hunter-Farmer-Modell: Der Vertrieb als Fließband
Beim Hunter-Farmer-Modell unterteilen Sie Ihre Teams in mehrere, aufeinanderfolgende Schritte – wie bei der Fließbandproduktion. Das heißt, Ihre Kundschaft wird entlang der Customer Journey Schritt für Schritt von Fachleuten betreut. Ist ein „Abschnitt“ abgeschlossen, zum Beispiel die Akquise, geht der Kunde bzw. die Kundin in die Hand des nächsten Teammitglieds über.
Die „Hunter“ sind dabei die – wörtlich übersetzt – Jägerinnen und Jäger, die im Außendienst Leads akquirieren. Danach kommen die „Farmer“ ins Spiel, die für die Betreuung und Kundenpflege zuständig sind.
Vorteile
- Klare Rollenverteilung, die durch Spezialisierung Effizienzsteigerung ermöglicht
- Kontinuierliche und spezialisierte Kundenbetreuung in verschiedenen Phasen
- In der Regel sehr produktive Verkaufsabwicklung
Nachteile
- Gute Koordination und Kommunikation zwischen den Teams ist für reibungsloses Kundenerlebnis zwingend notwendig
- Wenn Übergaben nicht gut abgewickelt werden, kann es zum Bruch in der Kundenbeziehung kommen
The Pod: Das Mischmodell
Wenn Sie das Insel-Modell mit dem Hunter-Farmer-Modell vermischen, erhalten Sie The Pod. In diesem Fall wird eine Kundin oder ein Kunde von A bis Z betreut, allerdings nicht von einem alleinigen Multitalent, sondern von einer Gruppe. Jede Gruppe hat dabei eine Spezialisierung. Das kann zum Beispiel die Aufteilung nach Regionen oder Branchen sein.
Vorteile
- Bündelung des Know-hows in spezialisierten Teams, die komplexe Kundenanforderungen schneller bearbeiten können
- Zusammenarbeit und Informationsaustausch innerhalb der Vertriebsabteilung wird gefördert
- Flexibler als die beiden anderen, starren Modelle
Nachteile
- Höherer Koordinationsaufwand der Vertriebsaktivitäten im Vergleich zum Insel-Modell
- Meist teurer, da mehr Personen in die Kundenakquise und -betreuung involviert sind
Tipps und Beispiele für den Aufbau einer nachhaltigen Vertriebsorganisation
Der Aufbau einer Organisation ist keine Tätigkeit, die Sie ganz nebenbei erledigen können. Die Schaffung von Strukturen und Vertriebsprozessen fällt zeitaufwendig aus. Haben Sie einen Plan entwickelt, sollte dieser von möglichst langer Dauer (also nachhaltig) sein. Derart finden sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter richtig in ihre Aufgaben ein und können sukzessive ihre Herausforderungen meistern.
Diese Tipps und Best Practices helfen Ihnen bei der Schaffung einer nachhaltigen Vertriebsorganisation:
- Fokussieren Sie sich auf Ihre Produkte und Zielgruppen. Wie und wo erreichen Sie Ihre mögliche Kundschaft am besten? Welche Bedürfnisse und Wünsche hat sie? Führen Sie dafür genaue Analysen durch.
- Wie sieht Ihre Unternehmenskultur aus? Wie steht es um Ihre Vertriebsmitarbeiterinnen und Vertriebsmitarbeiter, wo liegen ihre Stärken und Schwächen?
- Wie sieht Ihre Vertriebsstruktur aus? Gibt es bereits einen starken Innendienst und Außendienst? Setzen Sie auf Vertriebspartnerschaft?
- Ein wichtiges Thema, das Sie nicht unterschätzen dürfen: Wie steht es um Ihr Budget? Kleine Unternehmen wie Start-ups müssen aus Kostengründen auf ein Insel-Modell setzen, weil sie sich keine Fließband- oder Pod-Modelle leisten können.
- Wie sieht Ihre Strategie aus? Was ist der Ist-Zustand, was der Soll-Zustand? Eine Organisation darf nicht starr sein, sondern sollte sich im Laufe der Zeit verändern. Dazu gehört beispielsweise die Ausrichtung in ein zukünftiges Wunschmodell.
Fazit: Moderne Vertriebsorganisation ist Pflicht
Um es in Worten der Vertriebsexpertin Livia Rainsberger zu sagen: „Vertriebsorganisationen brauchen ein fundamentales Umdenken.“ Mit anderen Worten: Immer mehr anspruchsvolle Kunden und Kundinnen verlangen nach guten Verkäufern.
Dabei ist klar: Es gibt längst nicht nur eine Form oder Ausrichtung einer erfolgreichen und modernen Vertriebsstrategie, um die Kundschaft glücklich zu machen. Ganz im Gegenteil – je nach Anforderung im Vertriebsmanagement ergibt die ein oder andere Struktur mehr Sinn, manchmal ist sie kundenorientiert, manchmal gebietsorientiert oder aber auch funktionsorientiert. Schauen Sie also, was für Ihr Unternehmen am besten passt.
Titelbild: HubSpot