Zweiter Weltkrieg Duck-Tape – Vera Stoudt wollte Soldaten helfen und erfand das praktische Reparaturklebeband
Vera Stoudt ärgerte sich über die schlechte Verpackung von Munitionskisten. Sie entwickelte ein wasserdichtes Klebeband mit Stoffverstärkung. Als niemand auf sie hören wollte, wandte sie sich direkt an den US-Präsidenten.
Viele Männer sind überzeugt, dass man alle Probleme des Lebens mit drei Helfern bewältigen kann: WD40, Kabelbinder und Duck-Tape. Nur die wenigsten wissen, dass sie das faserverstärkte Klebeband einer Frau zu verdanken haben, genau genommen einer besorgten Mutter.
Vesta Stoudt aus Illinois tat alles, um den USA im Krieg zum Sieg zu verhelfen. Ihre zwei Söhne dienten 1943 in den Streitkräften, sie selbst arbeitete in einer Munitionsfabrik in der Nähe von Amboy, Illinois. Da fiel ihr auf, dass die Munition schlecht verpackt wurde. Sie legte sogenannten Gewehrgranaten in Päckchen. Immer elf Stück in eine Schachtel. Um diese Boxen vor eindringender Feuchtigkeit zu schützen, klebte man einen Papierstreifen um die Naht des Deckels. Dann wurde die Schachtel in Wachs getaucht. Doch das Auspacken war nicht einfach, das Papier war zu schwach, um die Wachshülle zu trennen, es riss einfach ab. Beim Nachladen im Gefecht und unter Beschuss war das nicht akzeptabel.
Direkt an den Präsidenten
Da hatte Stoudt einen rettenden Einfall: Warum stellte man kein wasserfestes Stoffband zum Verschließen der Boxen her? So würde das Klebeband die nötige Festigkeit erreichen. Zur Erinnerung: Im Jahr 1943 gab es keine flexiblen Folien aus Kunststoff, wie man sie heute verwendet. Stoudt wandte sich an ihre Vorgesetzten, blitzte bei denen aber ab. Sie sagten ihr: «Oh, vergiss es. Sei nicht albern. Die Regierung weiß, was sie tut.» «Nun, die Regierung kann genauso gut Fehler machen wie jeder andere», entgegnete Stoudt.
Und sie gab nicht auf. Am 10. Februar 1943 schrieb sie einen Brief direkt an Präsident Franklin D. Roosevelt. Sie schilderte das Problem und präsentierte ihre Lösung – inklusive technischer Skizzen. Sie schrieb: «Ich schlage vor, dass wir ein starkes Stoffband verwenden, um die Nähte zu schließen und daraus eine Lasche zu machen. Es funktioniert gut, ich habe es verschiedenen Regierungsinspektoren gezeigt. Alle sagten, es sei in Ordnung, aber ich konnte sie nie dazu bringen, das Band zu produzieren.»
Massenproduktion in wenigen Wochen
Der Präsident las den Brief tatsächlich und leitet eihn dann an das mächtige War Production Board weiter. Diese Behörde koordinierte die gesamte Rüstungsindustrie der USA. Sie beauftragte die Industrial Tape Corporation mit der Herstellung des Produkts. Schon wenige Wochen später ging es in die Massenproduktion. Das Band bestand aus einem gewebten Stoff, auf der einen Seite wurde ein Klebstoff auf Gummibasis aufgetragen, auf der anderen eine Beschichtung aus Polyethylen.
Der Kunststoff Polyethylen wurde in 1930er-Jahren von Imperial Chemical Industries entwickelt, er machte das Band wasserdicht. Der Stoff selbst war fest und widerstand Zugbelastungen, ließ sich dabei aber leicht abreißen. Schon im Krieg war das Tape unter Soldaten sehr populär. Man konnte fast alles damit flicken, zumindest für eine Zeit lang.
Hat nichts mit der Ente zu tun
Über den Ursprung des Namens gibt es verschiedene Legenden. Die Soldaten dachten, es hieße Duck-Tape, weil es wasserdicht wie Entengefieder war. Tatsächlich leitete sich der Namen von «Doek» – Tuch – her. So wurde in den USA ein wasserdichter Stoff aus den Niederlanden genannt, aus dem Seemanskleidung hergestellt wurde.
Nach dem Krieg wurde das Tape nicht mehr in Army-Olive hergestellt. Es bekam nun eine zinngraue Färbung, weil es zur Isolation von Lüftungsrohren benutzt wurde. Damals wurde der Begriff «Duct»-Tape gebräuchlich. Gaffer-Tape und Panzerband sind Weiterentwicklungen mit faserverstärkten Kunststoffen. Heute wird das Band in zahllosen Abstufungen und Namen für verschiedene Anwendungen mit unterschiedlicher Klebkraft und Reißfestigkeit produziert. Alle diese Produkte gehen auf Vesta Stoudt zurück. Für ihren Einsatz wurde sie zwar mit dem Worker Award der Chicago Tribune geehrt, aber reich wurde sie nicht. Sie hatte kein Patent für ihre geniale Idee.
Zu den spektakulärsten Einsätzen kam es bei zwei Apollo-Missionen. 1970 mussten sich drei Astronauten in das Mondmodul als «Rettungsboot» zurückziehen. Mit dem Klebeband konnten sie die quadratischen Kohlendioxidfilter des aufgegebenen Befehlsmoduls rund formen, sodass sie in die Behälter des Mondmoduls passten. 1972 reparierten die Apollo 17-Astronauten ihren Mondrover mit dem Klebeband.